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RWE-Trainer Neitzel: „Das erhöht bei mir den Bockfaktor!“

50-jähriger Fußball-Lehrer nimmt im großen Interview Stellung.


Er war als aktiver Spieler U 19-Europameister und Bundesligaprofi, als Trainer viele Jahre Assistent von Trainerlegende Volker Finke in Freiburg sowie selbst Chef beim VfL Bochum und bei Holstein Kiel: Jetzt soll Karsten Neitzel (50) den Traditionsverein Rot-Weiss Essen in der Regionalliga West auf Erfolgskurs bringen. Seit inzwischen schon zehn Jahren kommt der Deutsche Meister von 1955 und DFB-Pokalsieger von 1953 sowie ehemalige Bundesligist nicht mehr über viertklassigen Fußball hinaus. Das soll sich ändern, auch wenn Neitzels Debüt am Mittwochabend missglückte (1:3 beim Wuppertaler SV).

Im aktuellen Interview mit MSPW-Redaktionsleiter Ralf Debat für FUSSBALL.DE spricht Karsten Neitzel über seine kurze Auszeit, ein knüppelhartes Auftaktprogramm, die Vorliebe für das Ruhrgebiet und sein zweijähriges Abenteuer in Japan.

FUSSBALL.DE: Ihr Engagement beim Südwest-Regionalligisten SV 07 Elversberg endete erst vor knapp einem Monat. Hat die Zeit gereicht, um den nötigen Abstand zu gewinnen und sich bereits auf eine neue Aufgabe einzulassen, Herr Neitzel?
Karsten Neitzel:
Mir reichen vier Wochen auf jeden Fall aus, um mich zu erholen. Jetzt habe ich richtig Bock darauf, mit Rot-Weiss Essen möglichst erfolgreich zu sein. Wer den Fußball liebt, der muss einfach von den Rahmenbedingungen und von den Fans an der Hafenstraße begeistert sein. Hier kann man Fußball noch regelrecht atmen. Es gibt nicht viele Regionalligisten, bei denen ich eingestiegen wäre. Aber RWE ist RWE. Etwas Besonderes.

War es Ihr ausdrücklicher Wunsch, schon vorzeitig die Arbeit bei RWE aufzunehmen, um noch mehr Einfluss auf die Planungen für die neue Saison nehmen zu können? Oder hätten Sie lieber noch einige Zeit im Hintergrund gearbeitet?
Neitzel:
Es ist richtig, dass es eigentlich geplant war, erst zur neuen Saison voll einzusteigen. In unseren Gesprächen gab es aber auch immer die zweite Option eines vorzeitigen Amtsantritts, wenn es die Situation erfordern und es meine vertragliche Situation in Elversberg zulassen würde. Das war nun der Fall, weil sich mein bisheriger Verein auch sehr kooperativ verhalten hat. Nun habe ich die Möglichkeit, mir bei der täglichen Arbeit ein noch genaueres Bild von der Mannschaft und den einzelnen Spielern zu machen, kann mich bereits intensiv mit den Jungs austauschen. Von daher sehe ich bei der jetzigen Konstellation eigentlich nur Vorteile.

Nach Sven Demandt und Argirios Giannikis sind Sie bereits der dritte Cheftrainer in dieser Saison. Wie problematisch ist das?
Neitzel:
Ich sehe das nicht als Problem an. Es ist vielmehr meine Aufgabe und das Ziel des gesamten Trainerteams, dass wir es schnell hinbekommen, gut mit der Mannschaft zusammenzuarbeiten und möglichst erfolgreich zu sein. Was vor meiner Zeit gelaufen ist, kann und will ich nicht beurteilen. Jeder Trainer hat sicher seine eigenen Vorstellungen. Ich glaube aber nicht, dass es zu Irritationen kommen wird.

Welchen Eindruck hat die Mannschaft in den ersten Trainingseinheiten auf Sie gemacht?
Neitzel:
Zu Beginn stand das gegenseitige Beschnuppern und Kennenlernen im Vordergrund. Ich kann aber schon sagen, dass mir bei meinen Spielbeobachtungen in den vergangenen Wochen beispielsweise sehr positiv aufgefallen ist, wie sich alle Spieler nach Torerfolgen zusammen freuen. Das kenne ich – gerade in der jetzigen Saisonphase, wo bei vielen die eigene Zukunft noch ungeklärt ist – auch anders. Ich denke, ich kann auf ein in sich geschlossenes Team zurückgreifen, mit dem man etwas erreichen kann.

Ihr Auftaktprogramm ist mit fünf Spielen in 16 Tagen, darunter gegen vier Teams aus dem oberen Tabellendrittel, äußerst anspruchsvoll, könnte schwerer kaum sein. Ist das eher Risiko oder Chance?
Neitzel:
Klare Antwort: Große Chance! Die Worte ‚Risiko‘ oder gar ‚Angst‘ können Sie schon mal getrost streichen. Wir gehen in jedes Spiel, um es zu gewinnen. Und nicht, um es nicht zu verlieren. Selbstverständlich gehören Niederlagen zum Fußball dazu, deshalb sind sie gedanklich auch immer eine Option. Aber sofort danach muss es wieder darum gehen, im nächste Spiel erfolgreich zu sein. Dass unser Programm in den nächsten Wochen in der Tat schwierig ist, erhöht bei mir nur den Bockfaktor. Auch dass wir sechs unserer verbleibenden acht Spiele auswärts bestreiten, macht mir überhaupt nichts aus. Es gibt doch nichts Schöneres, als nach einem Auswärtsspiel im Bus zu sitzen und gemeinsam einen Sieg zu genießen.

Der aktuelle zwölfte Tabellenplatz korrespondiert nicht mit den Ansprüchen des Vereins. Wie bewerten Sie die aktuelle Situation?
Neitzel:
Dass der Saisonverlauf nicht den Vorstellungen des Vereins und seiner geilen Fans entspricht, versteht sich von selbst. Umso wichtiger ist es, zusammenzustehen und gemeinsam an einer positiven Entwicklung zu arbeiten. Dabei helfen uns mittel- und langfristige Zielsetzungen zumindest zum jetzigen Zeitpunkt nicht weiter. Wir wollen die Saison in der Liga und im Verbandspokalfinale am 21. Mai bestmöglich abschließen.

Wo sehen Sie Ihre größten „Baustellen“, speziell mit Blick auf die Kaderplanung für die kommende Saison?
Neitzel:
Seit wir über ein Engagement gesprochen haben, war ich schon bei fünf RWE-Partien live im Stadion dabei, allerdings weitgehend unerkannt. Dadurch habe ich von den Spielern, die regelmäßig zum Einsatz gekommen sind, schon ein recht klares Bild. Die anderen werde ich mir im Training noch genauer anschauen. Dabei kann sich jeder aufdrängen. Grundsätzlich haben wir vereinbart, dass wir in zwei oder drei Wochen soweit sein wollen, um die personellen Weichenstellungen für die nächste Saison vorzunehmen.

Sie sind gebürtiger Sachse, sind während Ihrer Laufbahn aber in Deutschland schon weit herumgekommen. Wo fühlen Sie sich zu Hause?
Neitzel:
Dresden ist meine Heimatstadt, ich habe mich auch in Freiburg und Kiel sehr wohl gefühlt. Zu Hause bin ich jetzt aber in Bochum.

Beim VfL waren Sie 2011 bis 2013 Co- und Cheftrainer. Warum hat es Ihnen das Ruhrgebiet seitdem so angetan?
Neitzel:
Als Standort für einen Fußballtrainer ist das Revier geradezu ideal. Hier kommt man schon in wenigen Minuten an drei oder vier Stadien vorbei. Das ist schon ein großer Unterschied zum Breisgau oder zu Schleswig-Holstein. Mit meiner direkten, unverblümten und emotionalen Art passe ich auch als Typ ganz gut zu den Menschen im ‚Pott‘.

Sie wirken im Gespräch meistens eher ruhig. Täuscht der Eindruck, dass Sie auch mal zum „Vulkan“ werden können?
Neitzel:
Mag sein. Ich taktiere nicht, bin kein Schauspieler. Mir ist es immer wichtig, authentisch zu sein. Als Mensch und als Trainer. Was mich umtreibt, lasse ich raus.

Das komplette Interview lesen Sie auf FUSSBALL.DE.

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1 Kommentar

  1. Auf ein Neues und viel Erfolg!
    Es kann jetzt sehr viel nur besser werden.

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