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Dennis Schiergen: „Ein unbeschreibliches Gefühl“

Senkrechtstarter nach historischem Triumph im Interview.

Am Sonntag schrieb Dennis Schiergen Galopprennsport-Geschichte: Der 18-jährige Abiturient gewann als erster Amateurrennreiter in Deutschland ein Rennen der höchsten Kategorie („Gruppe I-Rennen“). Im 123. Großen Preis von Berlin (175.000 Euro) in Berlin-Hoppegarten gelang dem Kölner mit der Stute Nymphea – nach einem wahren Husarenritt (teilweise hatte er von der Spitze aus rund hundert Meter Vorsprung auf die Konkurrenz) – dieser große Triumph.

Wenn Ihre Taktik schiefgegangen wäre, hätten Sie viel Kritik einstecken müssen. Weshalb haben Sie die Stute Nymphea so offensiv geritten?

Dennis Schiergen: Man bewegt sich da schon auf des Messers Schneide, wenn man ein Rennen so offensiv angeht wie ich. Dazu muss man ein Pferd gut einschätzen können. Nymphea ist eine Galoppiererin. Das ist ihre Stärke. Und dies habe ich bestmöglich ausgenutzt. Ich kannte sie ja gut, habe sie im vergangenen Jahr auch im St. Leger und natürlich auch regelmäßig morgens in der Arbeit geritten. Sie hatte sich in diesem Jahr immer weiter verbessert.

Das hat man am Sonntag gesehen. Schildern Sie das Rennen bitte kurz aus Ihrer Sicht.

Dennis Schiergen: Nymphea ist eine sehr große Stute mit einer enormen Galoppade. In England war sie beim Start zuvor auch schon von der Spitze aus gegangen, allerdings mit nicht so einem großen Vorsprung. Diesmal war sie sehr relaxed. Ich hatte immer ein gutes Gefühl. Im Schlussbogen habe ich sie etwas Luft holen lassen. Und dann ist sie auf der Zielgeraden ihren Strich weitergegangen und wurde nicht langsamer.

Wann waren Sie sich sicher, dass es zum Sieg reichen würde?

Dennis Schiergen: Wir hatten auf der Gegenseite ja einen Riesenvorteil. Das mussten die anderen erst einmal aufholen. Als ich mich dann zweihundert Meter vor dem Ziel umgeguckt habe, dachte ich, Dich kriegen die nicht mehr. Ich habe mich noch einmal umgeschaut, da ich das eigentlich kaum glauben konnte.

Kaum zu glauben, aber doch wahr. Was waren Ihre ersten Gefühle?

Dennis Schiergen: Das war unbeschreiblich, man kann das einfach nicht erklären. Vielleicht versteht das nur jemand, der auch schon mal solch ein großes Rennen gewonnen hat. Davon werde ich die nächsten Wochen und Monate so richtig zehren. Das wird immer aktuell bleiben.

Apropos aktuell, werden Sie Nymphea auch beim nächsten Start reiten dürfen, oder ist dann wieder Andrasch Starke, der diesmal gesperrt war, ihr Jockey?

Dennis Schiergen: Andrasch ist unser Stalljockey. Es war mein Glück, dass er gesperrt war. Ich weiß nicht, was beim nächsten Mal sein wird oder ob wir mehrere Pferde in dem Rennen laufen haben. Das wird man alles sehen.

Bevor das nächste Rennen ansteht, wurde aber sicher erst einmal richtig gefeiert, oder?

Dennis Schiergen: Ich war erst um 0:40 Uhr zu Hause, bin mit Filip Minarik zurück nach Köln gefahren. Am Montag haben wir im Familienkreis etwas gefeiert, am Mittwoch wollen wir das im Stall tun. Es ist ja auch nicht mehr weit bis zu meinem hundertsten Erfolg. Fünf Siege fehlen noch, dann haben wir wieder etwas zu feiern.

Solch ein Treffer gibt sicher zusätzliche Motivation für Ihre Arbeit?

Dennis Schiergen: Ja, sicher, auch wenn man nicht viel Schlaf hatte, fördert das unheimlich die Motivation. Es zeigt, dass sich die Arbeit auszahlt. Auch für das Team und den ganzen Stall freut es mich, da gehört jeder dazu.

Zum Jockey-Beruf gehört auch der Kampf mit dem Gewicht. Ist das Ihr größtes Problem?

Dennis Schiergen: 56 Kilo habe ich mir als unteres Limit gesetzt. Damit fühle ich mich zu hundert Prozent fit. Es bringt ja nichts, sich kaputt zu schwitzen. Man sollte im Rennen noch die bestmögliche Leistung bringen können. Ich muss schon einiges für das Gewicht tun, bin auch 1,74 Meter groß.

Das sind nicht gerade die besten Voraussetzungen für den Jockey-Job. Wie geht es für Sie beruflich weiter?

Dennis Schiergen: Anfang September beginne ich bei Fresenius ein Studium (Sport-Medien-Event-Management). Ich weiß ja nicht, ob ich weiter wachse. Wenn ich zu groß werde, habe ich dann eine Alternative. Und mit 21 kann ich immer noch eine Ausbildung zum Jockey anfangen.

Sie haben ja die volle Unterstützung durch Ihren Vater, den Top-Trainer Peter Schiergen.

Dennis Schiergen: Die Unterstützung durch meinen Vater ist enorm, hinzu kommt das Vertrauen der Besitzer. Papa macht im Übrigen keinerlei Druck, dass sie mich auf ihre Pferde setzen sollen. Ich möchte mir das Vertrauen auch erarbeiten.

Mit den Erfolgen kommen auch die Fans. Gibt es schon einen richtigen Dennis Schiergen-Fan-Club?

Dennis Schiergen: Es kommen bei uns zu Hause schon ein paar Autogramm-Anfragen an. Und wenn ich in Köln gewinne, ist die Resonanz besonders groß. Aber bis sich ein Fan-Club bildet, wird es noch etwas dauern…

Abschließend die Frage: Welche Rennbahn steuern Sie am kommenden Wochenende an?

Dennis Schiergen: Es geht für mich nach Deauville. Am Samstag reite ich in einem Fegentri-Rennen, am Sonntag nehme ich am World Cup of Nations teil.

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