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Rot-Weiss Essen trauert um Fritz Herkenrath

Meistertorhüter und Ex-Nationalspieler verstarb im Alter von 87 Jahren.

Fritz Herkenrath (Foto), ehemaliger Torhüter der deutschen Nationalmannschaft und von Rot-Weiss Essen, ist im Alter von 87 Jahren verstorben. Der gebürtige Kölner war an den beiden größten Erfolgen von RWE beteiligt, dem Gewinn des DFB-Pokals (1953) und der Deutschen Meisterschaft (1955).

RWE schrieb zum Tod von Herkenrath:

„Der Traditionsverein von der Hafenstraße trauert um einen der größten Spieler seiner Vereinsgeschichte. Am heutigen Mittwoch erfuhr Rot-Weiss Essen vom Tod von Fritz Herkenrath, Torwart der rot-weissen Meisterelf des Jahres 1955.

„Ich habe meine beste und ruhmreichste Zeit in den Jahren im Ruhrgebiet verbracht und zwar bei Rot-Weiss Essen. Das vergesse ich nie“, erklärte Herkenrath noch vor gut einem Jahr.

Deine Rot-Weissen werden dir auf ewig ein ehrendes Andenken bewahren, lieber Fritz!“

Für das Buch zum 100-jährigen Jubiläum des Traditionsvereins („100 Jahre…. nur der RWE“) 2007 verfasste Franz Josef Colli ein Portrait des RWE-Meistertorhüters, das wir an dieser Stelle veröffentlichen:

Von FRANZ JOSEF COLLI

„Der Herr Professor wohnt links am Berghang. Sie können ihn nicht verfehlen. Denn direkt neben seinem Haus steht auch sein Wohnwagen“, verrät ein Nachbar. Wir besuchen Fritz Herkenrath, Ex-Nationaltorwart, Schlussmann der RWE-Meistermannschaft von 1955, zuvor schon mit Rot-Weiss 1953 Deutscher Pokalsieger. Er wohnt seit Jahren in Walheim vor den Toren der alten Kaiserstadt Aachen, umgeben von den sanften Hängen der Vor-Eifel. Walheim, eine Ringer-Hochburg, liegt gut 25 Minuten entfernt von der einstigen pädagogischen Hochschule in Aachen, an der Fritz Herkenrath jahrelang als Professor für die Ausbildung für Schul-Lehrern tätig war.

Der Wohnwagen vor der Tür lässt denn auch keinen Zweifel zu. Hier wohnt der inzwischen „alte Fritz“ mit seiner Frau Fränzi. Die drei Kinder sind längst aus dem Haus. Der Wohnwagen ist blank geputzt. Fritz Herkenrath, geboren am 9. September 1928, hat fast stolze 79 Jahre auf dem Buckel, als wir ihn besuchen. Mit dabei: Ex-RWE-Geschäftsführer Paul Nikelski. „Mensch Paul, Mensch Fritz, Mensch Fränzi.“ Herzlicher kann eine Begrüßung unter alten Freunden nicht sein. Und fortan heißt es für einige Stunden des Plauderns: „Weißt du noch…..?“

Begonnen hatte alles damit, dass beim 1. FC Köln ein junger Torwart, dem viel Talent nachgesagt wurde, plötzlich hinter dem spektakulären Holland-Einkauf Frans de Munck nur noch zweite Wahl war. „Der hatte viel Geld gekostet und musste spielen“, zwinkert Herkenrath und lächelt tiefgründig.
Er hatte seine Karriere übrigens als Handballtorwart bei Preußen Dellbrück (später Viktoria Köln und SC Brück) begonnen, wechselte aber recht früh ins Fußball-Tor und war den „Spähern“ des 1. FC Köln aufgefallen.

Es war das Jahr 1951. Talent Herkenrath aus Dellbrück hatte eine Einladung zu einem Länderspiel in Berlin erhalten. Im Juni sollte es gegen die Türkei gehen. Die Einladung des DFB, unterschrieben von Bundestrainer Sepp Herberger, und die Bekanntgabe des Wechsels von Preußen Dellbrück zum 1. FC Köln erfolgten fast zeitgleich. Und in zeitlicher Nähe erreichte Herkenrath auch ein Anruf des DFB: „Auf Spieler, die den Verein wechseln, legt der DFB keinen Wert. Sie können sich morgen die Anreise ersparen.“

Paafff! Das saß!! Es sollte ein Karriere-Knick sein. Denn beim FC gab es auch diesen gewissen Frans de Munck, genannt der „schöne Frans“. Nach einem schwachen Spiel von Herkenrath schlug die Stunde von de Munck – und aus war es zunächst mit der Torwart-Herrlichkeit für Fritz Herkenrath, nicht nur beim DFB, sondern sogar in Köln.

Für Rot-Weiss Essen sollten diese Ereignisse ein Glücksfall werden. Ein purer Zufall führte Herkenrath nämlich in der Saison 1951/52 nach Essen.
RWE musste beim 1. FC Köln antreten. Auf dem Weg zum Müngersdorfer Stadion spielte auf einem Nebenplatz die Kölner Reserve. Im Tor: Fritz Herkenrath. Der machte ein Riesenspiel, überzeugte die vorbei ziehenden RWE-Fans mit Glanzparaden. Und da sich bei RWE die Glanzzeiten der Torleute Peter Budzinski (stand in der Aufstiegsmannschaft 1947/48) sowie Heini Kwiatkowski (zeigte Schwächen, wurde aber später noch Stammtorwart bei Borussia Dortmund) dem Ende entgegen neigten, hatte sich die Nachricht, dass die Kölner einen guten Torwart in der „Zweiten“ hatten, schnell bis zu RWE-Obmann Georg Melches herum gesprochen.

Es tat der Sache sicherlich keinen Abbruch, dass Melches und der damalige Kölner Präsident Franz Kremer es gut miteinander konnten. Jedenfalls landete Fritz Herkenrath auf diese Weise in Essen bei Rot-Weiss, wo er zehn Jahre lang zwischen den Pfosten stand und maßgeblich an den damaligen großen Erfolgen beteiligt war. Bis zur Saison 1961/62 bestritt er 276 Pflichtspiele für Rot-Weiss. Gewohnt hat er all die Jahre in der Potsdamer Straße in Essen-West.

Nicht eingerechnet in die Statistik von Herkenraths Einsätzen für RWE sind andere „Pflichtspiele“, die damals nahezu auf der Tagesordnung standen. Um die Kasse des Vereins – und natürlich auch der Spieler – aufzubessern, wurden so genannte „Fressspiele“ ausgetragen. Herkenrath: „Wir fuhren über die Dörfer. Als Gage gab es Naturalien: Mal Kartoffeln, mal Gemüse, mal Obst. Das war so üblich.“

Üblich war auch, dass Herkenrath sehr oft, vor allem bei Kälte und wenn die blendende Sonne tief stand, mit seiner „Soldatenmütze“ antrat. Die begleitete ihn von Beginn seiner Laufbahn an. Ein Mützen-Unikum mit Kappe vorn, wie damals auch bei Ski-Mützen üblich. Die Ohren lagen frei. Aber an den jeweiligen Seiten waren Aufsätze angebracht, die bei Kälte herunter geklappt werden konnten. Paul Nikelski erinnert sich: „Der Fritz war in allem immer sehr korrekt, auch bei der Kleidung.“

Herkenrath war bei seinem Wechsel von Köln nach Essen mit dem Wohnwagen unterwegs. Von RWE gab es später einen VW. Aber, wie erwähnt, erst später. Und so verlief die Anfangszeit von Fritz Herkenrath, der in Köln das Diplom zum Sportlehrer erworben hatte, recht mühselig und umständlich ab.

Georg Melches hatte schnell verstanden, als ihm Fritz Herkenrath bei den persönlichen Vertragsgesprächen andeutete, es ginge ihm nicht nur um die Fußballspielerei, sondern auch ums berufliche Weiterkommen. „Kein Problem“ für Macher Melches. Er sorgte dafür, dass sein neuer Torwart in Essen zum Werklehrer ausgebildet werden konnte. Das Ergebnis: Herkenrath sprang morgens um kurz nach 4.00 Uhr aus den Federn, dann ging es mit der Straßenbahn zum Hauptbahnhof, in den Bus nach Kupferdreh und mit der Bimmelbahn weiter zur Zeche Heinrich. Dort war die für Bergleute zuständige Berufsschule. Und an der gab Herkenrath, der zwischendurch sein Werklehrer-Examen in Köln bestand, Frühsport-Unterricht. Er machte das so zufriedenstellend, dass er bald eine Werklehrer-Festanstellung bekam. Auch von seinem Sportunterricht, den er jahrelang als „Pauker“ an einer Grundschule in Essen-Margarethenhöhe gab, schwärmten seine Schüler.

Es sollte nur eine berufliche Zwischenstation sein, denn Herkenrath wollte „auf Nummer sicher gehen“. Im Bergbau kriselte es damals schon. Also begann er noch ein Studium, um Volksschullehrer zu werden. Eine Entscheidung, die sein weiteres Leben prägte. Denn aus dem einstigen Volksschullehrer wurde später an der damaligen Pädagogischen Hochschule in Aachen 1962 mit Beginn des Sommersemesters der Dozent und Professor Fritz Herkenrath.

Auf den „Professor“ legt er übrigens keinen gesteigerten Wert. „Lassen Sie den Professor ruhig weg“, sagt er bescheiden. „Dafür habe ich keine Prüfung gemacht, sondern ich bin dazu lediglich ernannt worden.“

Prüfungen in Hülle und Fülle bestand er als Vertragsfußballer bei Rot-Weiss an der Hafenstraße: Pokalsieger, Deutscher Meister, ab 1954 auch Nationalspieler. Bundestrainer Sepp Herberger berief ihn 21 Mal in die deutsche Nationalmannschaft. Mit seinen beiden RWE-Vereinskameraden Helmut Rahn und Heinz Wewers nahm er an der Fußball-WM 1958 in Schweden teil, wurde Vierter. Seinen letzten Auftritt im Nationaltrikot hatte er Ende 1958 in Kopenhagen gegen Dänemark.

Mit dem Ende der Saison 1961/62 beendete der „fliegende Schulmeiter“ seine beeindruckende Torwart-Laufbahn.“

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