78-jähriger Küchen-Unternehmer engagiert sich beim West-Regionalligisten.
Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt: Horst Finkemeier (Foto) fiebert wie kaum ein anderer bei den Auftritten „seines“ SV Rödinghausen in der Regionalliga West mit. In den letzten Wochen sorgte der SVR beim 78-Jährigen, dem langjährigen Chef von Deutschlands zweitgrößtem Küchen-Hersteller („Häcker“) mit mehr als 1.500 Mitarbeitern und einem Umsatz in dreistelliger Millionen-Höhe, für einige Stimmungsschwankungen. Beispielsweise folgte auf das 8:1 gegen Westfalia Rhynern zuletzt ein 0:2 gegen die U 23 von Borussia Mönchengladbach. „So eine Niederlage kann mir den Wochenstart schon einmal gehörig verhageln“, gibt Finkemeier, der den Klub seit neun Jahren mit seinem Unternehmen maßgeblich unterstützt, im Gespräch mit dem Fachmagazin „kicker“ und MSPW offen zu.
Trotz der Niederlage gegen den Gladbacher Nachwuchs blickt Finkemeier gerne auf die Tabelle. Denn dort belegt der SVR aus der ostwestfälischen 10.000 Einwohner-Gemeinde den dritten Platz. Nach 15 Partien stehen 26 Punkte und 40:23 Tore zu Buche. Nur Vorjahresmeister Viktoria Köln (32) und der starke Aufsteiger KFC Uerdingen (33) rangieren vor dem SVR. „Vor der Saison hätte ich nicht geglaubt, dass wir kurz vor dem Ende der Hinrunde so gut dastehen. Schließlich war die letzte Spielzeit gar nicht so einfach. Phasenweise mussten wir sogar zittern.“
Rückblick: Als Finkemeier vor rund neun Jahren ankündigt hatte, in seiner ostwestfälischen Heimat im Kreis Herford mit einem Millionenaufwand ein Leistungszentrum mit einem hochmodernen Stadion errichten zu wollen, da kickte der ortsansässige SVR noch in der Kreisliga A. Nur fünf Jahre und fünf Aufstiege später kam der SVR in der vierthöchsten Spielklasse an.
Für die letzten drei Aufstiege zeichnete der Bielefelder Rechtsanwalt Mario Ermisch als Trainer verantwortlich. Seit Sommer 2016 steht der niederländische Ex-Profi Alfred Nijhuis an der Seitenlinie. Im Winter soll über eine Vertragsverlängerung gesprochen werden.
Der in Rödinghausen geborene und seit 52 Jahren selbständig im Küchengewerbe tätige Finkemeier war über seinen Enkel Jan (inzwischen 18 Jahre) zum SVR gekommen. „Damals hatten die Jungs nicht einmal einheitliche Trikots“, erinnert sich der Unternehmer noch genau. Dass ihm die Nachwuchsarbeit ganz besonders am Herzen liegt, hat aber noch einen anderen Grund. „Der Sport kann bei der Erziehung eine wichtige Stütze sein. Ich lege – im Beruf wie im Sport – großen Wert auf Disziplin, Ordnung und Sauberkeit. Wenn der Fußball das schon in jungen Jahren vermitteln kann, finde ich das gut“, so Finkemeier, der als Kicker selbst auf Kreisliga-Niveau am Ball war. Hinter dem Projekt „SV Rödinghausen“ steht nicht nur Finkemeier persönlich, sondern das gesamte Unternehmen „Häcker“. Der Klub sorgt schließlich für überregionale Wahrnehmung und Imagewerbung.
Finkemeiers Enkel Jan spielt mittlerweile nicht mehr Fußball, dafür aber einige hundert Jugendliche in den diversen U-Mannschaften des SVR. Auch eine U 21 leistet sich der Klub. Die „Zwote“ geht in der sechstklassigen Westfalenliga (Staffel 1) an den Start. Sowohl die A- als auch die B-Junioren spielen in der jeweils zweitklassigen U 19-/U17-Westfalenliga. „Der Unterbau ist uns sehr wichtig. Nur so kann man nachhaltig arbeiten“, sagt Finkemeier.
Dass das Konzept Früchte trägt, beweist ein Blick auf den aktuellen Kader der ersten Mannschaft. Die Defensiv-Zwillinge Lukas und Fabian Kunze sowie Innenverteidiger Maximilian Hippe (alle 19), allesamt beim SVR ausgebildet, bekommen bereits viele Spielanteile. Unterstützung erhalten sie von Routiniers wie Kapitän Flottmann (33) und Ihsan Kalkan (29).
Das Stadion des SVR ist – auch dank Finkemeier – ein „Schmuckkästchen“ für bis zu 3.000 Zuschauer. Die Kabinen sind denen des FC Bayern München nachempfunden. Finkemeier hatte bei einer Stadionführung in München persönlich Impressionen gesammelt.
Trotz der guten sportlichen Situation ist laut Finkemeier offen, ob der Klub im Februar erstmals die Lizenzunterlagen für die 3. Liga einreichen wird. Er selbst würde sich auch über etwas anderes noch viel mehr freuen. „Wir haben noch nie den DFB-Pokal erreicht. Ich würde gerne die Begeisterung in der Region sehen, sollte uns das gelingen. Was in diesem Wettbewerb dann möglich ist, haben zum Beispiel die Sportfreunde Lotte in der letzten Saison mit dem Viertelfinaleinzug gezeigt.“
Da Rödinghausen schon aus dem Westfalenpokal ausgeschieden ist, bleibt dafür noch die „Hintertür“ als bester westfälischer Regionalligist, der in einem Ausscheidungsspiel auf den Meister der Oberliga Westfalen trifft. Allerdings ist der erste Verfolger SC Wiedenbrück nur einen Zähler entfernt.