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Der „ewige“ Heinz Kuhsträter: Seit 71 Jahren im Sulky

Traber-Trainer auch mit 86 Jahren noch in Gelsenkirchen aktiv.
Ein Wintermorgen auf der Trabrennbahn in Gelsenkirchen: Schnee und Eis haben ihre Spuren hinterlassen, das Thermometer steht einige Striche unterhalb der Marke von null Grad. Für einen der ältesten aktiven Trainer und Fahrer in Deutschland ist das kein Problem. Heinz Kuhsträter ist 86 Jahre – und hat schon ganz andere Winter erlebt. „Wir sind schon bei minus 20 Grad gefahren. Da sind die Finger steif, wenn man aus dem Sulky steigt. Aktuell bereitet uns das Wetter kaum Schwierigkeiten“, erklärt der Routinier, der seit nicht weniger als 71 (!) Jahren im Trabrennsport aktiv ist und seit mehr als 60 Jahren einen Stall auf der Gelsenkirchener Rennbahn am Nienhausen Busch betreibt.

Nach wie vor fährt Kuhsträter jeden Tag von seinem Haus in Krefeld mit Hunde-Rüde „Bibi“ nach Gelsenkirchen. 50 Kilometer hin, 50 Kilometer zurück. Regelmäßig hilft er auch noch bei seinem Neffen und Amateurfahrer Paul Kuhsträter (50) in Bladenhorst (Castrop-Rauxel) mit. Fünf Traber stehen in Gelsenkirchen, drei in Bladenhorst. „Ich habe keine Lust, es mir daheim im Sessel bequem zu machen“, sagt Heinz Kuhsträter zu seinem Antrieb. „Ich liebe die Pferde, ich liebe den Trabrennsport. Deshalb kam es für mich so gut wie nie infrage, damit aufzuhören.“

56 Jahre mit früherer Schönheitskönigin verheiratet

Nur einmal stand das Engagement im Trabrennsport auf der Kippe. Vor rund sechs Jahren verstarb Ehefrau Gisela. Die ehemalige Schönheitskönigin von Krefeld war zwei Jahre jünger als ihr Ehemann. Nicht weniger als 56 Jahre war das Paar verheiratet.

„Ihr Tod hat mich sehr getroffen, es war eine harte Zeit“, erinnert sich Heinz Kuhsträter. „Doch dann habe ich gedacht: Du bist jetzt allein. Also kannst du erst recht weitermachen. Außerdem hält mich die Arbeit mit Pferden fit.“ Nur manchmal muss er dem Alter Tribut zollen. „In den Sulky hineinzukommen, ist gerade im Winter mit der vielen Kleidung nicht ganz so einfach. Sitze ich aber erst einmal drin, dann ist es wie früher“, lacht Kuhsträter.

White Phoenix lässt Trainer und Mitbesitzer jubeln

Dass Kuhsträter auch mit 86 noch lange nicht zum „alten Eisen“ gehört, stellte er erst vor wenigen Tagen auf der Heimatbahn in Gelsenkirchen unter Beweis. Der von ihm trainierte White Phoenix bescherte ihm in einem 2.000 Meter-Rennen um Prämien von 1.000 Euro einen vollen Erfolg. Fahrer war Neffe Paul Kuhsträter (Münster). Mit 500 Euro wurde der Sieg belohnt. Da Heinz Kuhsträter auch Mitbesitzer von White Phoenix ist, blieb davon einiges hängen.

Einen hohen Gewinn wirft sein Stall dennoch nicht ab. „Ich habe immer solide gelebt, besitze ein eigenes Haus und habe dadurch überschaubare Ausgaben. Deshalb kann ich den Stall betreiben. Wenn es auf der Rennbahn einigermaßen läuft, steht am Ende des Monats eine schwarze Null zu Buche – manchmal etwas mehr.“

Noch die „goldenen Zeiten“ des Trabrennsports erlebt

Heinz Kuhsträter, der seine Lehre in Gelsenkirchen bei Ernst Jung (verstarb im Alter von 59 Jahren an einem Herzschlag im Sulky) schon kurz nach dem Zweiten Weltkrieg im Jahr 1947 begonnen hatte, kennt noch die „goldenen Zeiten“ des Sports. Die Zuschauertribünen platzten damals aus allen Nähten, es wurden Renntag für Renntag Millionen-Umsätze erzielt. Fahrer und Trainer wie Johannes „Hänschen“ Frömming oder Eddy Freundt waren Stars, die nahezu jedes Kind kannte.

Heute sind Trabrennen eine Randsportart. Die Rennvereine sind froh, wenn sie an normalen Renntagen nahe an die sechsstellige Umsatz-Marke kommen. „Es tut weh, den Sport am Boden zu sehen“, sagt Kuhsträter nachdenklich. „Ich glaube – ehrlich gesagt – auch nicht, dass er wieder aufstehen wird. Immerhin: Zumindest für mich wird es wohl noch reichen.“

Fliegeralarm! Während des Renntags in Luftschutzbunker

Zum ersten Mal auf der Rennbahn war Heinz Kuhsträter mit seinem Vater. Noch während des Krieges ging es auf die Gelsenkirchener Rennbahn. „Manchmal mussten die Veranstaltungen dabei für mehrere Stunden unterbrochen werden. Fliegeralarm! Alle Zuschauer mussten in Bunker und geschützte Unterstände. Nach dem Bombardement ging es weiter“, weiß Kuhsträter noch genau.

Der Traber-Virus hatte Kuhsträter damals längst gepackt. Dreimal wurde er Lehrlings-Champion. Zu den Rennen außerhalb von Gelsenkirchen, etwa in Mönchengladbach, liefen Fahrer und Pferd damals. Transporter waren kurz nach dem Krieg rar.

„Pferde waren schon immer und bleiben mein Leben“

Seit 1957 ist Kuhsträter selbstständig. 1977 gewann er mit Viterbo den mit damals 80.000 D-Mark (rund 40.000 Euro) dotierten Deutschland-Pokal – es war sein größter Erfolg. Insgesamt zehn Siege landete er in Rennen der gehobenen Kategorie. Einmal war er Westdeutscher Meister (1964). „Für einen kleinen Aktiven wie mich ist das eine sehr gute Ausbeute“, blickt Kuhsträter zurück. Insgesamt kommt der Routinier auf rund 3.300 Rennen als Fahrer (exakt 793 Siege, zuletzt 2003). Die Statistik-Erfassung als Trainer reicht nur bis 1980 zurück. 322 Siege sind es seitdem.

Geht es nach Heinz Kuhsträter, kommen demnächst noch einige Kerben hinzu. „Ich bin auch nach 71 Jahren im Sport nicht müde“, sagt er. „Pferde waren schon immer mein Leben – und bleiben es auch.“

Autor: Thomas Palapies-Ziehn/MSPW (veröffentlicht am 8. Februar im WAZ- und NRZ-Hauptsport)

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