Lippstadts Cheftrainer zieht eine Zwischenbilanz zum Saisonstart.
Cheftrainer in der Regionalliga West mit gerade einmal 28 Jahren: Felix Bechtold steht seit Saisonbeginn beim SV Lippstadt 08 in der Verantwortung. Unter seinem Vorgänger Daniel Berlinski war der frühere SVL-Spieler noch Co-Trainer. Im Gespräch mit dem kicker und MSPW zieht Bechtold eine Zwischenbilanz zum Saisonstart.
Mit gerade einmal 28 Jahren sind Sie bereits Cheftrainer in der Regionalliga West: Wie oft mussten Sie sich kneifen, Herr Bechtold?
Eigentlich gar nicht so oft. Als im Februar feststand, dass ich die Nachfolge von Daniel Berlinski antreten werde, war ich noch Co-Trainer. Und nach dem Saisonende ging die Arbeit auch sofort wieder los. Da blieb dann gar nicht so viel Zeit, um darüber nachzudenken. Das ist aber auch das Schöne an dem Job. Es geht nach jedem Spiel direkt weiter. Ich habe einfach Bock darauf.
Sieben Punkte stehen nach acht Spielen zu Buche. Wie bewerten Sie den Saisonstart?
Wir sind nicht unzufrieden. Klar, es wären schon ein oder zwei Zähler mehr möglich gewesen. Allerdings haben wir bisher gegen jeden Mitkonkurrenten um den Klassenverbleib gepunktet. Das ist eine gute Basis.
Sie sind eigentlich noch im besten Fußballeralter, gehören aber schon seit 2018 zum Trainerteam. Warum laufen Sie nicht mehr selbst für Lippstadt auf?
Nach mehreren Jahren in der Oberliga und der Regionalliga West hat mein Körper nicht mehr mitgespielt. Das war ein Abnutzungskampf. Vor allem meine Kniegelenke haben mir Probleme bereitet, obwohl ich nie einen Kreuzbandriss hatte. Daher war es vernünftiger, mit dem aktiven Fußball aufzuhören.
Wie sind Sie in den Trainerstab des SV Lippstadt 08 gekommen?
Mir war aber schon immer klar, dass ich einmal auf die Trainerseite wechseln will. Mit dem Verein habe ich offen darüber gesprochen. Umso glücklicher bin ich, dass mir der SVL den Einstieg in die Trainertätigkeit ermöglicht hat.
Was sind die größten Unterschiede im Vergleich zu Ihrer Arbeit als Co-Trainer?
Es sind durch das neue Amt weitere Aufgaben hinzugekommen. Als Cheftrainer arbeite ich beispielsweise noch mehr an unserer Spielphilosophie. Auch organisatorisch steht mehr an. Aber ich liebe die Herausforderung. Durch meine Tätigkeit als Teamleiter in einer Bank weiß ich, was es heißt, Verantwortung zu übernehmen. Mir macht das viel Spaß. Beim SV Lippstadt 08 habe ich mit meinem Co-Trainer Heiko Hofmann, Torwart-Trainer Michael Joswig und Athletik-Trainer Dominik Lausch ein gutes Team um mich herum. Auch unser Sportdirektor Dirk Brökelmann hält mir den Rücken frei.
Ist es nicht gewöhnungsbedürftig, dass Sie nun auch einige Spieler trainieren, mit denen Sie noch selbst zusammengespielt haben?
Das konnten wir auch schon in der letzten Saison gut trennen. Als Co-Trainer habe ich da schon klare Kante und Grenzen gezeigt. Ich glaube nicht, dass es da Probleme bei der Autorität gibt. Auch wenn ich in dieser Saison mit Sicherheit die eine oder andere schwierige Entscheidung treffen muss.
Nach dem 2:4 gegen Rot-Weiss Essen bekamen Sie von Ihrem Gegenüber und Ex-Bundesligatrainer Christian Titz Komplimente für Ihre Spielweise. Was bedeutet Ihnen das?
Es ehrt uns, von einem so erfahrenen Trainer Anerkennung zu bekommen. Das ist auch ein Zeichen dafür, dass wir an den richtigen Stellschrauben drehen. Mehr Punkte haben wir deshalb aber nicht auf dem Konto. Daher müssen wir so weitermachen. Unsere Spielweise steht für Attacke und Vollgasfußball. Wir wollen den Ball so lange wie möglich haben und legen viel Wert auf einen guten Spielaufbau.
Dennoch war das 2:4 gegen Rot-Weiss Essen die vierte Niederlage aus den letzten fünf Spielen. Beunruhigt Sie das nicht?
Wenn wir unsere Marschroute auch in den nächsten Wochen so konsequent umsetzen, machen wir uns keine Sorgen. Zuletzt ging es für uns mit dem SC Verl, der U 23 von Borussia Mönchengladbach und eben Rot-Weiss Essen gegen Mannschaften, die normalerweise nicht unsere Kragenweite sind. In den Spielen haben wir dann auch ein wenig Lehrgeld bezahlt. Von der Altersstruktur her ist unsere Mannschaft fast wie eine U 23. Entsprechend müssen wir dazulernen. Die Tendenz zeigt seit dem späten 0:1 gegen Fortuna Köln klar nach oben. Wir haben die Nackenschläge gut aufgearbeitet, unsere Mechanismen greifen immer besser ineinander. Wir mussten schließlich 15 Zugänge integrieren.
Ihr Vorgänger Daniel Berlinski hatte gesagt, dass der Klassenverbleib mit dem SV Lippstadt 08 der maximal mögliche Erfolg ist. Müssen Sie sich darauf einstellen, dass es bis zum Saisonende eng sein wird?
Bei der Infrastruktur sind wir gut aufgestellt. Dafür haben die Konkurrenten in einigen anderen Bereichen die Nase vorne. Das ist aber für uns kein Grund zum Jammern. Wir sind ein kleiner, aber gesunder Verein, in dem mit Ruhe und Geduld gearbeitet wird. Das Niveau empfinde ich in der Regionalliga West noch höher, als es im letzten Jahr schon war. Wir haben aber auch schon gezeigt, dass wir uns mit Leidenschaft und viel harter Arbeit in dieser Spielklasse über Wasser halten können. Wenn wir alles aus uns herauspressen, können wir auch die Aufstiegskandidaten ärgern. Wir wollen mit aller Macht in der Regionalliga West bleiben. Notfalls schaffen wir das auch erst am letzten Spieltag.