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MSV-Profi Lukas Boeder: „Dieses Virus hat alle wachgerüttelt“

Früherer Junioren-Nationalspieler äußert sich im DFB.de-Interview.
Für den Wiederbeginn der 3. Liga hält sich Lukas Boeder (auf dem Foto rechts), Innenverteidiger von Spitzenreiter MSV Duisburg, vor allem mit Läufen und Stabilisationsübungen fit. In Zeiten der Corona-Krise stehen aber andere Dinge im Vordergrund. Im DFB.de-Interview spricht der 22 Jahre alte frühere Junioren-Nationalspieler mit MSPW-Redaktionsleiter Ralf Debat über Selbstdisziplin, Angst um die Großeltern und Einkäufe für Mitbewohner.

DFB.de: Seit fast zwei Wochen ist nicht nur der Spielbetrieb der 3. Liga ausgesetzt, sondern auch der Trainingsbetrieb beim MSV Duisburg. Wie schwer fällt es Ihnen, zu Hause zu bleiben?

Lukas Boeder: Es ist natürlich eine andere und ungewohnte Situation, aber noch fällt mir die Decke nicht auf den Kopf. Meine Freundin Helen, in der Personalabteilung eines Unternehmens tätig ist, arbeitet derzeit auch im Homeoffice. Wir versuchen einfach, das Beste aus dieser schwierigen Situation zu machen.

DFB.de: Wie sieht denn aktuell der Tagesablauf eines Drittligaprofis aus?

Boeder: Positiv ist zumindest schon mal, dass morgens kein Wecker klingelt. (lacht) Nach dem Aufstehen lese ich gerne ein paar Zeitschriften, bereite dann das Frühstück für uns beide vor. Wenn Helen dann arbeitet, geht es zum Laufen in den Wald. Dann folgen die Stabilisationsübungen, die uns das Trainerteam mit auf den Weg gegeben hat. In Helens Mittagspause machen wir dann oft ein gemeinsames Workout nach Anleitung einer Sportbloggerin. Am Nachmittag vertreibe ich mir die Zeit dann auch schon mal an der Playstation. Oft gehen wir dann abends einkaufen, um noch mal an die frische Luft zu kommen. Auf unserem Balkon haben wir auch schon die Grillsaison eröffnet.

DFB.de: Wie groß ist der vom Verein vorgegebene Trainingsumfang in etwa?

Boeder: Pro Tag jeweils 60 bis 90 Minuten.

DFB.de: Fußball ist Mannschaftssport. Wie motivieren Sie sich für Individualtraining?

Boeder: Zugegeben: Es ist auf jeden Fall schwieriger. Zum Training zu fahren und dort mit den Jungs in der Kabine zusammen zu sein, ehe es auf den Platz geht, fällt mir definitiv leichter. Hinzu kommt die Ungewissheit, wann es wieder losgeht. Das macht es noch zu einer besonderen Herausforderung. Auf der anderen Seite wissen wir aber ganz genau, dass wir uns als Leistungssportler fit halten müssen, um nicht in ein Loch zu fallen. Ohne eine gewisse Selbstdisziplin hätten wir dieses Niveau mit Sicherheit gar nicht erst erreicht.

DFB.de: Ist das mit Rehatraining nach einer schwereren Verletzung vergleichbar?

Boeder: Ich klopfe dreimal auf Holz, toi, toi, toi. Ich habe das während meiner Karriere zum Glück noch nicht erlebt. Ich denke aber schon, dass es auch dazu gravierende Unterschiede gibt. In der Reha ist man auch viel unterwegs, hat feste Termine und Therapien einzuhalten. Hinzu kommt, dass man zumindest einigermaßen auf einen Zeitpunkt hinarbeiten kann, an dem man wieder einsatzfähig sein kann. Jetzt aber kann kein Mensch seriös beantworten, wann der Ball wieder rollt.

DFB.de: Wie halten Sie Kontakt zu Teamkollegen und Trainerteam?

Boeder: Unser Trainer Torsten Lieberknecht und Manager Ivo Grlic haben sich beide schon telefonisch gemeldet und nach dem Befinden und der Familie erkundigt. Mit den Jungs schreiben wir immer mal wieder per WhatsApp oder über die Social Media-Kanäle. Wichtige Infos vom Verein kommen ebenfalls per WhatsApp. Eine Telefon- oder Videokonferenz gab es dagegen bisher nicht. Vielleicht kommt das noch.

DFB.de: Alle Vereine haben große Sorgen, viele fürchten um ihre Existenz. Arbeitsplätze sind gefährdet. Wie sehr beschäftigt Sie das?

Boeder: Vor allem die große Ungewissheit ist nervig und belastend. Nahezu jeder Mensch ist irgendwie direkt betroffen, der Fußball ist da nur ein kleiner Teil. Selbstverständlich mache ich mir auch meine Gedanken, gehe aber noch einigermaßen entspannt damit um. Zumindest versuche ich es.

DFB.de: Womit lenken Sie sich ab?

Boeder: Aktuell lese ich sehr gerne Wirtschaftsmagazine. Das verlangt eine hohe Aufmerksamkeit und ist daher auch gut für den Kopf.

DFB.de: Als gebürtiger Essener sind Sie ein Junge aus dem Revier. Haben für Sie Begriffe wie Solidarität oder Zusammenhalt, die jetzt wieder aktueller denn je sind, ohnehin eine besondere Bedeutung?

Boeder: Definitiv – und das hat auch nichts mit Corona zu tun. Jeder ist nicht nur in einer solchen Krise, sondern immer aufgerufen, solidarisch mit seinen Mitmenschen zu sein.

DFB.de: Wie finden Sie die zahlreichen Aktionen, mit denen betroffenen Menschen aus den Risikogruppen geholfen werden soll?

Boeder: Super, aber irgendwie auch selbstverständlich. Helen und ich haben bei uns im Haus auch einen Zettel ausgehängt, um für unsere älteren Nachbarn und Mitbewohner Einkäufe oder Besorgungen zu erledigen. Auch die initiierten Stiftungen sind in der aktuellen Lage sicher sehr sinnvoll und hilfreich. Allerdings finde ich, dass man ein solches Engagement nicht nur auf die Corona-Krise beschränken sollte. Es gibt so viele ungelöste Probleme auf dieser Welt, für die es sich auch nach Corona lohnt, sich einzusetzen.

DFB.de: Könnte das Virus am Ende vielleicht auch positive Auswirkungen auf unsere Gesellschaft haben?

Boeder: Das hoffe ich schon. Ohne Zweifel hat dieses Virus uns alle wachgerüttelt. Dass dafür aber erst eine so krasse Krise kommen musste, ist eigentlich auch wieder schlimm. Solidarisch zu sein, ist nicht nur in diesen schwierigen Zeiten angesagt.

Das komplette Interview lesen Sie auf DFB.de.

Foto-Quelle: MSV Duisburg

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