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FC Schalke 04 kündigt Etatkürzungen und Demut an

Einzug in Europapokal zumindest vorerst nicht mehr das erklärte Ziel.
Im Rahmen einer fast 90-minütigen Pressekonferenz haben der Vorstand und die Sportliche Leitung des Fußball-Bundesligisten FC Schalke 04 zur aktuellen schwierigen Lage des Traditionsklubs in der Corona-Krise, nach der enttäuschenden Rückserie und nach dem Rücktritt des einflussreichen Aufsichtsrat-Vorsitzenden Clemens Tönnies ausführlich Stellung bezogen. Dabei kündigte Marketing- und Kommunikations-Vorstand Alexander Jobst (Foto) für die Zukunft deutliche Einsparungen und Etatkürzungen an, um „nachhaltig und mit wirtschaftlicher Vernunft“ zu agieren.

Nachdem sich die „Knappen“ zwischen 2005 und 2016 zehnmal für einen internationalen Wettbewerb qualifiziert hatten, gelang das in den letzten vier Jahren nur noch einmal (Vize-Meisterschaft 2018). Die Folge ist – eine durch Corona noch beschleunigte – wirtschaftliche Schieflage. Diese Probleme soll die vom Rest-Aufsichtsrat um den neuen Vorsitzenden Dr. Jens Buchta bestätigte Vereinsführung mit Jobst und Sportvorstand Jochen Schneider in den nächsten Jahren in den Griff bekommen.

Dabei stellte Jobst klar, dass „zumindest in den nächsten ein, zwei oder drei Jahren das Erreichen des Europokals für uns kein fest formuliertes Ziel mehr sein kann. Wir haben die Wette auf die Zukunft in den letzten Jahren zu oft verloren und müssen unsere sportlichen Ziele den wirtschaftlichen Möglichkeiten anpassen.“ Soll heißen: Schalke 04 hatte in den letzten Jahren – in der Hoffnung auf spätere internationale Erlöse – jeweils zu viel Geld für Gehälter und Investitionen in den Kader gezahlt. Jetzt sollen kleinere Brötchen gebacken werden, auch wenn „wir durch die TV- und die Sponsoren-Erlöse weiterhin über ein sehr stabiles Fundament verfügen“, wie das Vorstandsmitglied erklärte.

Alexander Jobst: „Vertrauen und Glaubwürdigkeit verspielt“

„Dieser Tag bedeutet eine Zäsur. Ein Weiter so kann es nicht geben“, betonte Jobst, vermied es aber ebenso wie Schneider, die in den Medien diskutierte Gehaltsobergenze für S04-Profis (angeblich 2,5 Millionen Euro jährlich) oder den Antrag auf eine Millionen-Bürgschaft des Landes Nordrhein-Westfalen (zwischen 30 und 40 Mio. Euro) zu bestätigen. Immerhin teilte der Vorstand mit, dass Hauptsponsor Gazprom mindestens bis zum Vertragsende im Jahr 2022 „fest an unserer Seite steht“.

Klartext redete Alexander Jobst im Hinblick auf umstrittene Aktionen der „Königsblauen“ wie die Kommunikation zur Ticket-Rückerstattung, den sogenannten „Härtefallantrag“ oder die Kündigung von 24 altgedienten Fahrern der „Knappenschmiede“. „Da haben wir gravierende Fehler gemacht und ein miserables Bild abgegeben“, wählte er deutliche Worte: „Dadurch haben wir Vertrauen und Glaubwürdigkeit verspielt, das wir jetzt nach und nach durch Transparenz, Stabilität und wirtschaftliche Vernunft zurückgewinnen wollen.“

Jobst weiter: „Ich bin mir sicher, dass es uns gelingen wird, Schalke 04 durch diese schwierige und herausfordernde Zeit zu führen.“ Dabei helfen soll demnächst auch wieder ein Vorstandsmitglied für Finanzen, das die Nachfolge des nach 27 Jahren ausgeschiedenen Peter Peters antreten wird. Bis dahin teilen sich Jobst und Schneider auch dieses Ressort.

Verletzungspech, Torhüter-Patzer und Tor-Armut

Bei der Analyse der sportlichen Situtation stellten Sportvorstand Schneider und Cheftrainer David Wagner, der trotz der Rekordnegativserie von 16 Bundesliga-Spielen ohne Sieg im Amt bleiben wird, vor allem das große Verletzungspech als Hauptursache für den Sturz von Rang fünf zur Winterpause auf Platz zwölf heraus. „Uns sind so viele Spieler weggebrochen, dass wir im letzten Saisondrittel gefühlt mit einer ganz anderen Mannschaft gespielt haben“, so Wagner, der sich bei Schneider für das Vertrauen bedankte („Das ist nicht selbstverständlich“).

Hinzu kamen Unsicherheiten auf der Torhüterposition, nachdem Alexander Nübel seinen Wechsel zum FC Bayern München verkündet hatte. Der als Kapitän abgesetzte Schlussmann patzte danach ebenso mehrfach wie sein auserkorener Nachfolger Markus Schubert, der den Platz zwischen den Pfosten deshalb auch wieder räumen musste. Auch die Tor-Armut im Sturm „haben wir über zwei Transferperioden nicht abstellen können“, wie Wagner freimütig einräumte.

Magaths Fitness-Experte Leuthard kehrt zurück

Probleme haben die Verantwortlichen aber auch innerhalb des „Teams hinter dem Team“ ausgemacht und deshalb im Athletik- und Reha-Bereich Konsequenzen gezogen. Beispielsweise hatten bei verletzten Spielern wie Benjamin Stambouli oder Salif Sané die Zwangspausen zum Teil mehrere Monate länger gedauert als ursprünglich gedacht. Diese Abteilung wird deshalb künftig von Fitness-Experte Werner Leuthard geleitet, der schon zu Felix Magaths Zeiten auf Schalke tätig war. Der 58-Jährige war auch schon an den Trainingsplänen beteiligt, die den Profis für ihren rund vierwöchigen Urlaub (bis zum 31. Juli) mit auf den Weg gegeben wurden.

Auch einige Personalien zum Kader wurden bekanntgegeben. Barcelona-Leihgabe Juan Miranda kehrt auf eigenen Wunsch vorzeitig nach Spanien zurück. Rechtsverteidiger Jonjoe Kenny geht wieder zu seinem Stammverein FC Everton, nachdem der Klub aus der englischen Premier League eine erneute Ausleihe abgelehnt hatte. Auch bei Jean-Clair Tobido (ebenfalls FC Barcelona) und Michael Gregoritsch (FC Augsburg) enden die Leihgeschäfte. Daniel Caligiuri wechselt nach Augsburg. Der französische Defensivspieler Benjamin Stambouli, dessen Vertrag am 30. Juni ebenfalls ausgelaufen ist, soll dagegen möglichst gehalten werden.

Auf der anderen Seite stehen nach aktuellem Stand allein acht ausgeliehene Spieler ab der neuen Saison wieder bei Schalke 04 unter Vertrag. „Wir planen entsprechend mit ihnen“, erklärte Jochen Schneider. Betroffen sind Mark Uth (zuletzt 1. FC Köln), Nabil Bentaleb (Newcastle United/England), Cedric Teuchert (Hannover 96), Steven Skrzybski (Fortuna Düsseldorf), Hamza Mendyl (FCO Dijon/Frankreich), Jonas Carls (FC Viktoria Köln), Sebastian Rudy (TSG Hoffenheim) und Torhüter Ralf Fährmann (SK Brann Bergen/Norwegen). Dass wirklich alle ab dem 31. Juli wieder zum Schalker Aufgebot gehören werden, gilt aber als äußerst unwahrscheinlich.

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