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Rot-Weiss Essens Pokalhistorie: Gänsehaut und 13 Grad minus

1994 ging es als Zweitliga-Absteiger sogar bis ins Endspiel nach Berlin.
Für besondere Geschichten im DFB-Pokal war der Traditionsverein Rot-Weiss Essen, der am heutigen Mittwoch, 18.30 Uhr, im Viertelfinale den Zweitligisten und FC Bayern-Bezwinger Holstein Kiel empfängt, schon immer gut. Der erste Pokalsieger nach dem Zweiten Weltkrieg (2:1 im Finale 1953 gegen Alemannia Aachen) bekam etwa bei der Siegerehrung im Düsseldorfer Rheinstadion den „Pott“ nicht vom damaligen DFB-Präsidenten Dr. Peco Bauwens überreicht, sondern vom Presse- und Werbereferenten Alfred Ries (dreimaliger Präsident des SV Werder Bremen).

Grund: Bauwens zog es vor, einen Tag später das englische FA Cup-Finale zwischen Blackpool und den Bolton Wanderers (4:3) im Londoner Wembleystadion zu besuchen. Die RWE-Helden um Kapitän August Gottschalk, die Torschützen Franz „Penny“ Islacker und Helmut „Boss“ Rahn sowie Nationaltorhüter Fritz Herkenrath konnten es verschmerzen.

Fast genau vier Jahrzehnte später stand RWE Ende November 1993 zum bislang letzten Mal im bundesweiten Pokalwettbewerb in einem Viertelfinale – damals als Zweitligist. Beim Ligakonkurrenten FC Carl Zeiss Jena setzte sich das Team des später zum Jahrhundert-Trainer gewählten Jürgen Röber auf schneebedecktem Platz und bei minus 13 Grad Celsius nach 120 torlosen Minuten im Elfmeterschießen 6:5 durch. Torhüter Frank Kurth wehrte zwei Elfmeter der Thüringer ab, so dass Jörg Lipinskis Fehlschuss nicht mehr ins Gewicht fiel. Wen interessierte es da an der Hafenstraße schon, dass die Essener in der Liga gegen Jena zweimal klar den Kürzeren zogen (0:2, 0:5)?

Lizenzentzug wegen „arglistischer Täuschung“

Eine der turbulentesten Phasen in der an Turbulenzen ohnehin nicht armen 114-jährigen Vereinsgeschichte sollte folgen. Trainer Röber verabschiedete sich in Richtung Bundesliga, wechselte zum VfB Stuttgart. Der damals auch noch für den Profifußball zuständige DFB verurteilte RWE „wegen arglistiger Täuschung im Lizenzierungsverfahren“ zum Zwangsabstieg. Zwar durften die Essener unter Röber-Nachfolger Wolfgang Frank die Saison noch zu Ende spielen, wurden aber mit null Punkten an das Tabellenende gesetzt. Die Folge: In der Liga gab es in der Rückrunde – zumindest für RWE – nur noch „Freundschaftsspiele“. Für die Gegner wurden die Partien dagegen gewertet.

Das hinderte die Mannschaft um Kapitän Ingo Pickenäcker freilich nicht daran, im Halbfinale des DFB-Pokals gegen den späteren Mitabsteiger Tennis Borussia Berlin (2:0) groß aufzuspielen und im Endspiel im Berliner Olympiastadion den haushohen Favoriten SV Werder Bremen trotz der 1:3-Niederlage in arge Verlegenheit zu bringen. Nach einem 0:2-Pausenrückstand und dem Anschlusstreffer von Daouda Bangoura stand der Underdog vor 76.000 Zuschauern, darunter mehr als 30.000 RWE-Fans, ganz dicht vor der Sensation (und damit auch vor einer möglichen Europapokal-Teilnahme als Drittligist). Erst ein Foulelfmeter, den „Kiwi“ Wynton Rufer verwandelte, erlöste die vom gebürtigen Essener und RWE-Jahrhundertspieler Otto Rehhagel trainierten Bremer.

Fanfreundschaft mit Werder Bremen hält bis heute

Das Erlebnis wirkt nach. Bis heute. Beide Vereine verbindet eine Fanfreundschaft. „Berlin war Gänsehaut pur“, sagt Ex-Schlussmann Frank Kurth, der dem Klub von der Hafenstraße – wie viele seiner damaligen Teamkollegen – nach wie vor eng verbunden ist.

Die Nachfolger der Pokalhelden von 1994 haben am Mittwoch gegen Holstein Kiel die Chance, ebenfalls Geschichte zu schreiben. Ein Jahr nach dem 1. FC Saarbrücken könnte RWE als zweiter Viertligist das Halbfinale erreichen. Berlin wäre dann nicht mehr weit. Und DFB-Präsident Fritz Keller hat am 13. Mai sicher Zeit.

Foto-Quelle: Heinrich Kluwie aus dem Buch „100 Jahre Nur der RWE“

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