Im wichtigsten Rennen in Deutschland geht es am Sonntag um 650.000 Euro.
20 Vollblüter, 20 Hoffnungen und 20 Träume: Mit der Maximalzahl wird am kommenden Sonntag (7. Juli) um 15.45 Uhr das 155. Deutsche Derby auf der Galopprennbahn in Hamburg-Horn entschieden. Schon ein Start im „Blauen Band“, das bereits seit 1869 in der Hansestadt ausgetragen wird, ist für viele die Erfüllung eines Traums, ganz zu schweigen ein Sieg im wichtigsten Galopprennen des Jahres in Deutschland. Es geht in diesem Klassiker um viel Geld – insgesamt 650.000 Euro Preisgeld. Hinzu kommen Züchterprämien und der deutliche Wertzuwachs durch ein gutes Abschneiden im Derby.
In diesem Jahr kann sich gut die Hälfte der Teilnehmer – es dürfen nur dreijährige Hengste und Stuten laufen – berechtigte Hoffnungen auf den Sieg machen, denn bei den wichtigen Vorbereitungsrennen hat sich kein klarer Favorit herausgeschält. Die andere Hälfte kann auf eine Überraschung hoffen, die im Derby keine Seltenheit ist. Es muss ja nicht gleich ein Paukenschlag wie 1982 sein, als der 608:10-Außenseiter Ako die Experten ratlos machte. Das Derby ist ein besonderes Rennen, viele Faktoren spielen eine Rolle – der Rennverlauf, das Wetter und damit der Zustand des Geläufs, das Geschick der Reiter und angesichts des für andere Rennen ungewöhnlich großen Starterfeldes eine gehörige Portion Rennglück. Dennoch hat sich in der Vergangenheit oft genug das beste Pferd des Jahrgangs im Derby durchgesetzt.
Union-Sieger Narrativo geht mit Startnummer „1“ ins Rennen
Mit der Startnummer „1“ geht der Hengst Narrativo, dessen Vater Adlerflug 2007 zum Derby-Helden wurde, ins Rennen. Harald Siemen, der Chef-Handicapper des Dachverbandes „Deutscher Galopp“, schätzt ihn nach den bisher gezeigten Leistungen als das stärkste Pferd im Feld ein. Denn die Derby-Starter erhalten von Siemen ein virtuelles Renngewicht und entsprechend werden die Startnummern von oben absteigend vergeben.
Grund für die hohe Einschätzung war der Sieg von Narrativo im „Sparkasse Köln-Bonn Union-Rennen“ Mitte Juni in Köln. Denn es gilt als der beste Gradmesser für einen Derby-Erfolg. Allein in den letzten zehn Jahren haben vier Union-Sieger anschließend auch in Hamburg gewonnen, zwei weitere Union-Platzierte wurden ebenfalls Derbysieger.
Die ersten fünf Platzierten aus der „Union“ treten am Sonntag erneut gegeneinander an. Alleno, Anspruch, Palladium und Stingray streben eine Formumkehr gegen Narrativo an, dessen Team aber Derby kann: Sein Reiter, Bauyrzhan Murzabayev, hat 2022 erstmals das Derby gewonnen, war von 2019 bis 2022 vier Jahre in Folge der erfolreichste Jockey in Deutschland und ist nach einem zwölfmonatigen Abstecher ins Ausland in dieser Saison wieder zurück beim Kölner Trainer Peter Schiergen, der schon sechs Derbysieger gesattelt hat. Besitzer und Züchter ist das Gestüt Ittlingen (Werne), das bislang drei Derbysiege für Möbel-Unternehmer Manfred Ostermann vorweisen kann.
Kölner Trainer Waldemar Hickst wartet auf ersten Derbysieg
Noch ohne Derbyerfolg ist dagegen Trainer Waldemar Hickst (Köln), der seit vielen Jahren zu den erfolgreichsten seiner Zunft in Deutschland gehört. Mit dem stets hochgehandelten Wintertraum – Sieger des Derby-Trials in Düsseldorf – und mit Augustus – Gewinner des Derby-Trials in Iffezheim bei Baden-Baden – hat Hickst gute Chancen, sich seinen Derby-Traum am Sonntag zu erfüllen.
Der Gewinner von 2021, Henk Grewe (Köln), schickt neben Palladium auch Wilko ins Rennen, der in München mit dem „Bavarian Classic“ die erste wichtige Vorprüfung gewonnen hatte. Markus Klug (Krefeld) und Andreas Wöhler (Gütersloh) wählten für ihre Derbyfavoriten den Weg nach Hamburg über Italien. Der vom fünffachen Derby-Sieger Wöhler trainierte Queimados gewann ein Rennen in Mailand, während Borna sogar das Italienische Derby in Rom holte. Klug selbst hat schon drei Deutsche Derby-Titel und mit Andrasch Starke den „Derby-Reiter“ schlechthin, denn der Jockey kann bereits auf acht Derby-Siege zurückblicken.
Während im letzten Jahr Sarah Steinberg (München) als erste Trainerin überhaupt im Deutschen Derby triumphierte, versuchen zwei Reiterinnen, in diesem Jahr Geschichte zu schreiben. Sibylle Vogt aus der Schweiz, die schon einmal Dritte und Vierte im Derby wurde, reitet Lahzar Star. Die 23-jährige Belgierin Anna van den Troost und Trainer Fabian Xaver Weißmeier (Iffezheim) erleben dagegen mit Geminiano ihr erstes Derby-Abenteuer.
Foto-Quelle: Marc Rühl/Deutscher Galopp