Vier mit jeweils 20.000 Euro dotierte Vorläufe finden Sonntag statt.
Einen Tag nach den Vorläufen zum Stuten-Derby stehen am Sonntag (4. August) auf der Trabrennbahn in Berlin-Mariendorf die vier Ausscheidungen zum 129. Deutschen Traber-Derby auf dem Programm. Es geht um eine Dotierung von insgesamt 235.000 Euro plus zehn Prozent Züchterprämie. Das Finale findet am Sonntag, 18. August, ebenfalls in der Hauptstadt statt.
Erstmals seit längerer Zeit wagt sich auch eine Stute ins „Haifischbecken“ des vermeintlich starken Geschlechts, und die bringt so erstklassige Empfehlungen mit, dass sie in den gestrengen Augen der Experten sogar für würdig befunden wurde, zu jenem in den Eliminationen gesetzten Quartett zu zählen. Die Rede ist von Nortolanda, mit der der Niederländer Michel Rothengatter wie einst sein Lehrherr Peter Strooper 2011 mit Lobell Countess den Mut hat, die männlichen Pferde herauszufordern. Das Wagnis Stroopers mündete im Derby-Sieg – dem bislang letzten einer Stute gegen die „Jungs“.
Sein einstiger Lehrling hätte sicher nichts dagegen, gelänge ihm ein ähnlicher Coup. Davor haben die Götter allerdings erst mal den Angst-Schweiß gesetzt. Genügend Klasse hat die Bird-Parker-Tochter allemal, um im dritten Vorlauf (9. Rennen gegen 15.44 Uhr) die Gegner aus dem Ring zu fegen. Das hat sie aktuell im Buddenbrock-Rennen bewiesen, als sie nach vorsichtigem Start in einem einsamen Duell Zoom Diamant schwer am Wickel hatte, nur um eine Nasenspitze den Kürzeren zog und als Zweite wegen Gangartschwächen nach Überprüfung disqualifiziert wurde.
Andererseits hat sich die deutsche Derby-Bahn für sie schon als ausgezeichnetes Pflaster erwiesen: Hier holte sie mit dem Sieg im Finale der Dreijährigen-Serie für Stuten mit 25.000 Euro den dicksten Batzen ihres 57.160-Euro-Guthabens. In ihrem Hauptbetätigungsfeld Wolvega patzte sie schon einmal unmittelbar vor dem Zielstrich, hat im Victoria Park 2024 jedoch auch zwei blitzsaubere Treffer gelandet. Ihr Pech war das Glück von Navajo MH, der mit der wohl stärksten Leistung seiner Karriere vier Längen zurück den Ehrenplatz ergatterte.
Was kann Cincinnati Beach S? Der 100.600 Euro reiche Hengst hat viel Geld im Vorjahr gescheffelt. Die größte Prise machte er als Zweiter des Breeders-Course-Finales in Solvalla. In Berlin ist er noch ungeschlagen, hat 2022 in der Breeders Crown („Züchter-Krone“) der Zweijährigen wie im Auktionsrennen 2023 triumphiert, in dieser Saison aber erst einen dritten Platz aus Duindigt im Angebot. Man of Steel, jüngst nur eine halbe Länge schlechter als Navajo MH, und King Hazelaar sind ebenfalls Messer, die scharf schneiden können.
Los geht die Parade der Derby-Aspiranten im 4. Rennen (1. Vorlauf gegen 13.24 Uhr), in dem Remember me gesetzt wurde. Der Hengst aus Zucht und Besitz des norddeutschen Stalles Adamas, der seine Pferde seit Jahren bei Joakim Lövgren in Südschweden stationiert hat, beendete drei seiner 15 Auftritte als Klassenbester. Ausschlaggebend für das Setzen war Platz zwei im Königspokal zu Aby am 4. Mai, einem internationalen Vierjährigen-Vergleich der höchsten Kategorie. Anschließend genoss er fast zwei Monate Startpause, um sich auf den auf gleichem Niveau angesiedelten SprinterMästaren vorzubereiten, in dessen Vorlauf er auf Platz sieben eintrudelte. Da könnte die Konkurrenz um den ebenfalls in Nordeuropa sein Heil versuchenden Comand and Conquer S, ZZ Top Diamant und vor allem Nelson Newport Morgenluft wittern. Speziell „Nelson“ hat in Berlin einiges gutzumachen: Nach seinem brillanten Erfolg über Trainingskumpel Ois Tschikago im Großen Preis von Bayern blieb die wohl erste Derby-Wahl der Gramüllers nach einem Startfehler im Adbell-Toddington-Rennen und einem unauffälligen vierten Rang im Buddenbrock-Rennen vieles schuldig. Ganz raus aus dem Run auf die Finalplätze sind auch See You, Zorro Diamant und Goldfinger nicht.
Ebenfalls über jeden Zweifel erhaben war im zweiten Vorlauf (7. Rennen gegen 14.48 Uhr) die Nominierung von Brothers in Arms, der mit 138.924 Euro der „Reichste“ aller 28 Anwärter ist. Lange Zeit war der nach einem Antikriegs-Hit der Dire Straits benannte Fabulous-Wood-Sohn für seinen Züchter Hugues Rousseau nach seinem dritten Rang in der Berliner Zweijährigen-Breeders-Crown 2022 unter Fabrice Souloys Regie in Italien und Frankreich auf Beutezug, wurde nach einem Sieg im Traber-Tempel von Paris-Vincennes am 24. Mai von Werner Pietsch und dem Stall Germania erworben und gab unter den neuen Fittichen der Nimczyks einen Einstand für die neuen Farben, wie er spektakulärer nicht hätte sein können: In Gelsenkirchen zerlegte er die Konkurrenz, zu der neben Daniel Hazelaar auch bewährte ältere Recken zählten, überlegen mit neun Längen Vorsprung. Da scheint es für den von Desiderio und Toledo angeführten Rest nur um die Plätze zwei und drei zu gehen.
Weder im Adbell-Toddington- noch im Buddenbrock-Rennen führte ein Weg an Zoom Diamant (Foto) vorbei, auch wenn es jeweils gegen Noah Newport, der ihn hier wiederum zwacken will, und Nortolanda ziemlich eng war. „Er ist ein fauler Hund, der nur das Nötigste macht“, beschwichtigte Siegfahrer Robin Bakker in beiden Fällen die „Stirnrunzler“ – und der muss wissen, wovon er redet. Die Erfolgsgeschichte, die er seit 2013 gemeinsam mit Trainer Paul Hagoort schreibt, ist atemberaubend und sucht in der deutschen Derby-Historie ihresgleichen. Sein Deutschland-Debüt gibt mit dem 13. Auftritt Susanne Auers Epicure, der ausnahmslos in Schwedens Süden seinen 24.954 Euro wertvollen Hafer verdient hat. Vier Siege und ein Ehrenplatz auf der Hochgeschwindigkeitspiste von Tingsryd sind ein Pfund, mit dem der Fuchs im 4. Vorlauf (11. Rennen gegen 16.40 Uhr) kräftig wuchern kann. Der lange Zeit als Vierjährigen-Champ des Südens gehandelte Ois Tschikago und der Adbell-Toddington-Zweite Noah Newport werden ihn auf Herz und Nieren prüfen.
Insgesamt werden am Sonntag 14 Rennen ausgetragen, der erste Start erfolgt um 12 Uhr. Neben den mit jeweils 20.000 Euro dotierten Derby-Vorläufen stehen das Gerhard-Krüger-Memorial (7.500 Euro), das Charlie-Mills-Memorial (20.000 Euro) und das Finale der „Silber-Serie“ (20.000 Euro) besonders im Blickpunkt.
Foto-Quelle: Lingk/Trabrennverein Berlin-Mariendorf