Deutsches Traber-Derby steigt am Sonntagabend in Berlin-Mariendorf.
Einen bereits um 12 Uhr beginnenden Renntag der Superlative gibt es am Sonntag zum Abschluss des Derby-Meetings auf der Trabrennbahn in Berlin-Mariendorf rund um jenen Höhepunkt, auf den praktisch die gesamte Saison ausgerichtet ist. Gegen 18.05 Uhr wird der Hauptstarter die zwölf Finalisten im Deutschen Traber-Derby hinter den Startwagen bitten.
Zwei Wochen ist es her, dass sie sich in vier Vorläufen qualifiziert haben für das finanziell größte Spektakel, das Deutschlands Sulkysport zu bieten hat. Um genau 236.951 Euro, von denen der Sieger 110.475 Euro erhält, geht es in der 129. Edition des von trotto.de gesponserten „Blauen Bandes“, das sich zum dritten Mal an vierjährige deutsch registrierte Traber wendet. Natürlich nehmen die vier Vorlaufsieger Photobox, Nortolanda (Foto), Brothers in Arms und Nelson Newport besonders exponierte Stellungen ein.
Einer ragt aus diesem illustren Quartett deutlich heraus: Wie der erst im Juni von Werner Pietsch und dem Stall Germania erworbene und ins Willicher Quartier der Nimczyks überstellte Brothers in Arms die Pflicht vor der Kür erledigte, war eine echte Show. Ein kapitaler Antritt 700 Meter vorm Ziel – und schon fegte der Fabolous-Wood-Sohn los wie von der Tarantel gestochen und gewann unter dem Raunen des Publikums nicht nur mit sehr deutlichem Vorsprung, sondern auch in der mit Abstand schnellsten Zeit. Der Reichste der Zwölf ist er außerdem. Völlig zu Recht darf Michael Nimczyk, Deutschlands 13-maliger Champion der Berufsfahrer – und das seit 2013 ununterbrochen – vom ersten Derby-Sieg seiner Karriere träumen.
Viele Experten sind der Meinung, nur ein außergewöhnlicher Umstand könne ihm einen Strich durch die wohlfeile Rechnung machen – frei nach dem Motto der vor der Apotheke kotzenden Pferde. Ganz widerstandslos wird dem 38-Jährigen der große Wurf sicherlich nicht gelingen. Erstmals seit längerer Zeit hat sich wieder eine Stute gegen das starke Geschlecht gewagt und ihren Vorlauf in nicht minder beeindruckender Manier gewonnen. Die Rede ist von Nortolanda aus dem Quartier des in Callantsoog an der niederländischen Nordseeküste stationierten Michel Rothengatter. Der ist ein Schüler des im Februar 2022 verstorbenen Peter Strooper. Genau der war der Letzte, der es geschafft hat, 2011 mit Lobell Countess den Hengsten und Wallachen eins auszuwischen.
13 Jahre später hofft die Oranje-Fraktion auf ein ebensolches Kabinettstück. Michel oder Michael – wer heftet sich erstmals das „Blaue Band“ ans Revers? Oder geht es wie 2022 nach Bayern? Nelson Newport, der von Christoph Schwarz gesteuert wird, hat im Derby-Vorlauf endlich die großen Vorschusslorbeeren bestätigt, die nach dem Triumphmarsch durch den Großen Preis von Bayern aus dem Süden der Republik über den Main-Äquator gedrungen sind. Die Nimczyks haben noch einen weiteren Vorlauf-Sieger unter Order: Photobox spurtete als „armer Schlucker“ von lediglich 7.230 Euro an Gewinnen mit Michael Nimczyk in irrwitzigem Speed an allen vorbei und stellte für 316:10 den Totalisator auf den Kopf. Im Finale grande darf „Bronzehelm“ Robbin Bot ran.
Der Trostlauf – ein Buch mit sieben Siegeln
All jene, die es nicht ins große Finale geschafft haben, dürfen sich im Finale B (3. Rennen) noch einmal versuchen. Sieben wollen an die auf fünf Posten aufgesplitteten 20.000 Euro ran. 10.000 Euro für Platz eins könnten ein echter Trostpreis sein für den über 100.000 Euro reichen Cincinnati Beach S, der heuer die Last des Vorjahres spürt, in dem er als Zweiter des Breeders-Course-Finales im noblen Solvalla allein 45.880 Euro gutgeschrieben bekommen und sich drei Monate später hier in Mariendorf das außerordentlich lukrative Auktionsrennen eingeklinkt hat. Ansehnlicher sehen allerdings die aktuellen Formen der sehr viel ärmeren Goldfinger, Tailor Hill und Zorro Diamant aus, und selbst der einige Male vom Pech verfolgte Easy Company wirft im Kampf der Davids gegen den Goliath seinen Hut schwungvoll in den Ring.
Weitere Höhepunkte des Derby-Tages sind die Derby-Rekordmeile (4. Rennen/15.000 Euro), das Halbfinale des Dreijährigen-Kriteriums (7. Rennen/15.000 Euro), die beiden Läufe zum Jugendpreis für Zweijährige (8. und 11. Rennen/jeweils 15.000 Euro) und der Derby-Pokal der Champions (10. Rennen/7.500 Euro). Diese Prüfung ist jenen Fahrern vorbehalten, die mindestens ein Deutsches Traber- oder Stuten-Derby gewonnen haben. Einsame Spitze in dieser Rangliste ist Heinz Wewering. Der 74-Jährige, der seine monströse Karriere heimlich, still und leise ausklingen lässt, hat sich insgesamt 17 Mal in den Annalen verewigt – achtmal in jenen des „Blauen Bandes“, gar neunmal bei den „Ladys“. Mit Alwine macht der 29-malige deutsche Fahrerchampion jedoch nur Außenseiterchancen geltend.
Foto-Quelle: Marius Schwarz/Trabrennverein Berlin-Mariendorf