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Klartext von Knappmann: „Nicht selbst zerfleischen“

MSPW berichtet im Kicker

Der Sturm an der Essener Hafenstraße hat sich zu einem Orkan entwickelt. Das von
massiven Fanprotesten begleitete 2:2 gegen die SG Wattenscheid 09 sorgte für tiefe
Risse im Verhältnis zwischen einem Großteil der Anhänger sowie Mannschaft und Trainer
Waldemar Wrobel. Selbst die erneut erfolgreiche Aufholjagd nach einem 0:2-Rückstand
wurde mit Pfiffen und „Wrobel raus“-Rufen quittiert. Selbst an der Hafenstraße ein
bislang einmaliger Vorgang. Der für klare Worte bekannte RWE-Torjäger Christian
Knappmann spricht im kicker-Interview über die brisante Lage.

kicker: Die Aufholjagd gegen Wattenscheid – nach einem zuvor sehr schwachen Spiel –
wurde speziell in der Schlussphase von Pfiffen und laustarken Unmutsäußerungen begleitet.
Die Stimmung scheint vergiftet. Macht Ihnen Fußball und Rot-Weiss Essen unter solchen
Umständen noch Spaß, Herr Knappmann?

Christian Knappmann: Wir sind erst einmal selbst dafür verantwortlich, dass nun eine
solche Stimmung herrscht. Die Ergebnisse sind alles andere als berauschend. Darüber
sind die Fans auf der Tribüne genauso enttäuscht wie wir und haben auch kein anderes
Mittel, als sich in dieser Form Gehör zu verschaffen. Ich kann diese Unzufriedenheit im
Umfeld schon verstehen.

kicker: Die eigenen Anhänger waren für Rot-Weiss in der Vergangenheit immer ein Faustpfand.
Kapitän Vincent Wagner betonte, dass die Mannschaft aktuell gegen und nicht mit dem „zwölften
Mann“ antritt!

Knappmann: Die Kritik direkt nach dem Spiel war schon harsch, es ging meiner Meinung aber
noch nicht unter der Gürtellinie. Ich bin ohnehin weit davon entfernt, die Schuld bei den Fans
zu suchen. Wir müssen zusehen, dass der Verein und die Fans sich nicht auseinander dividieren.
Im Training arbeiten wir jede Woche enorm hart. Doch dafür können wir uns nichts kaufen. Es
bringt auch nichts, groß zu philosophieren, weil es ohnehin nur ein einfaches und banales Mittel
gibt, um die Fans wieder auf unsere Seite zu bekommen: Uns helfen nur noch Siege. Sonst be-
kommen wir in Essen schwer Ruhe rein.

kicker: Trainer Waldemar Wrobel, bei vielen Fans im Mittelpunkt der Kritik, wirkte tief erschüttert.
Steht die Mannschaft hinter ihm?

Knappmann: Voll und ganz. Wir haben gegen Wattenscheid zum dritten Mal in dieser Saison einen
0:2-Rückstand aufgeholt. Das sollte schon Indiz genug sein. Wie schon gesagt: Wir trainieren
ausgezeichnet, bringen es bisher aber nicht auf den Platz.

kicker: Sie haben fünf Tore erzielt, aber gegen Wattenscheid zum zweiten Mal in dieser Saison einen
Elfmeter verschossen. Machen Sie sich auch selbst Vorwürfe?

Knappmann: Selbstverständlich. Vor allem, weil wir aktuell eine Mannschaft sind, die so etwas nicht
so leicht wegstecken kann. In unserer Situation hängt alles am seidenen Faden. Ich bin zu RWE
gekommen, um Verantwortung zu übernehmen und habe den Elfmeter leider in den Sand gesetzt.
Darüber bin ich selbst maßlos enttäuscht.

kicker: Kommen einige Ihrer Mitspieler mit den traditionell hohen Erwartungen nicht klar?

Knappmann: Ich kann nur für mich sprechen, verspüre keine Angst oder negativen Druck. Meine
Erfahrung aus der Zeit in Offenbach vor über zehn Jahren zeigt aber, dass Jungs im Alter von 18,
19 oder 20 Jahren so etwas teilweise schon stark belasten kann. Wir befinden uns in einer schwierigen
Situation, dürfen uns jetzt aber auch nicht selbst zerfleischen.

kicker: Trotz mehrerer Systemumstellungen gab es bereits 15 Gegentreffer. Wo liegt das Kernproblem?

Knappmann: Ich bin kein Freund davon, einem bestimmten Mannschaftsteil den schwarzen Peter
zuzuschieben. Wir sind kein zerstrittener Haufen. Ganz im Gegenteil! Wenn eine Mannschaft so oft
einen Rückstand dreht, liegt es nicht an der Moral oder der Stimmung. Es ist daher weniger ein
Problem der Qualität, sondern der Konstanz und der mentalen Stärke. Erst wenn wir zurückliegen,
schmeißen wir den ganzen Ballast über Bord, spielen frei auf und bauen Druck auf. Solange es 0:0
steht, wirken wir blockiert. Für mich unerklärlich.

kicker: Mit dem Derby bei der U 23 des FC Schalke 04 (Samstag) und gegen Fortuna Köln (Mittwoch)
warten nun zwei Mannschaften aus dem oberen Tabellendrittel. Ist der Zug in Richtung der angepeilten
„Top drei“ für RWE schon vorher abgefahren?

Knappmann: Wir tun uns keinen Gefallen damit, den Abstand nach oben zu berechnen. In unserer
Situation müssen wir Demut an den Tag legen und uns nicht in Sphären bewegen, die wir aktuell auf
Grund unseren Leistungen nicht verdient haben.

 

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