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FC Schalke 04: So tickt Domenico Tedesco

MSPW porträtiert neuen S04-Trainer exklusiv für DFB.de.

Auf Domenico Tedesco kommt die bisher größte Herausforderung seiner Karriere zu. Beim Bundesligisten FC Schalke 04 wird er Nachfolger von Cheftrainer Markus Weinzierl. Wie aber tickt der neue Schalke-Trainer? MSPW führte mit dem heute 31-Jährigen, der zuletzt für den FC Erzgebirge Aue in der 2. Bundesliga sowie zuvor im Nachwuchsbereich der TSG 1899 Hoffenheim tätig war, unter anderem vor knapp drei Jahren ein längeres Gespräch. Entstanden ist folgender Text für DFB.de.

„Domenico Tedesco ist beim VfB Stuttgart nicht gerade in kleine Fußstapfen getreten. Denn der 28-Jährige folgte bei der B-Junioren-Bundesligamannschaft der Schwaben auf Thomas Schneider, der seit wenigen Wochen für die Profis des VfB verantwortlich ist. Mit der U 17 hatte Schneider Anfang Juni durch ein 1:0 im Finale gegen Hertha BSC die Deutsche B-Junioren-Meisterschaft zum insgesamt siebten Mal seit 1977 nach Stuttgart geholt.

„Für mich ist es eine Ehre, beim VfB arbeiten zu dürfen“, sagt der bisherige Schneider-Assistent Tedesco im Gespräch mit DFB.de. „Ich habe durchaus Respekt vor der Herausforderung, nehme sie aber sehr gerne an.“ Und die bisherige Bilanz des Deutsch-Italieners kann sich sehen lassen: Sieben von neun möglichen Punkten holte die Stuttgarter U 17 mit Tedesco als hauptverantwortlichem Trainer an der Seitenlinie, ist ungeschlagener Tabellenführer. Darunter war mit dem 12:0 gegen den 1. FC Nürnberg auch der höchste Sieg in der Geschichte der B-Junioren-Bundesliga.

Kein Wunder also, dass sich die VfB-Verantwortlichen nun dazu entschlossen haben, Tedesco nicht mehr nur interimsweise, sondern fest als U 17-Trainer zu installieren. „Damit ist ein großer Wunsch in Erfüllung gegangen“, sagt Tedesco mit leuchtenden Augen. „Denn wer möchte nicht sein Hobby zum Beruf machen?“

„Ich habe frühzeitig erkannt, dass es für eine Profilaufbahn nicht reicht“

Im Gegensatz zu Schneider und zu vielen seiner Kollegen kann Domenico Tedesco keine Profierfahrung in den höchsten Ligen vorweisen. Mit dem FV Zuffenhausen kickte er in der Landesliga, beim ASV Aichwald ebenfalls unterklassig. „Fußball ist meine große Leidenschaft, aber man muss wissen, was man kann und vor allem, was man nicht kann“, so der A-Lizenz-Inhaber. „Ich habe frühzeitig erkannt, dass es bei mir für eine Laufbahn als Profi nicht reichen würde.“

Sich nur auf sein Studium (Bachelor im Wirtschaftsingenieurwesen und Master im Innovationsmanagement) zu fokussieren, war Tedesco dann aber auch zu wenig: „Der Fußball hat mir sehr schnell gefehlt und dann reifte die Entscheidung, als Trainer zu arbeiten.“

Bei seinem Heimatverein in Aichwald trainierte Tedesco zunächst zwei Jahre Kinder-Mannschaften. Sein Ehrgeiz war damit geweckt. „Ich habe Kontakt zum damaligen VfB-Nachwuchsleiter Thomas Albeck aufgenommen – und nur wenige Wochen später war ich Trainer der U 9-Mannschaft“, so Tedesco über seinen Wechsel zum schwäbischen Traditionsverein.

Das Vorbild: der neue Profitrainer Thomas Schneider

Beim VfB sammelte Tedesco bei der U 10, U 11 und U 13 erste Erfahrungen. Zu Saisonbeginn bekam er das Angebot, als Co-Trainer von Thomas Schneider in der B-Junioren-Bundesliga zu arbeiten. „Wir kannten uns damals eigentlich nur vom Hallo sagen. Ich war und bin stolz darauf, dass Thomas Schneider mich als seinen Assistenten haben wollte. Er ist ein Vorbild für mich. Nicht nur in sportlicher und fachlicher Hinsicht, sondern auch mit seiner bodenständigen Art, mit Menschen umzugehen. Wir stehen auch jetzt in regelmäßigem Kontakt.“

Vor dem Schritt zum hauptberuflichen Trainer einer U 17-Mannschaft benötigte Tedesco eine kleine Bedenkzeit. „Ich hatte eine feste Anstellung bei einem Ingenieurbüro in der Automobilbranche. In einer solchen Situation wägt man schon ab. Doch die Entscheidung für den Fußball, für meine große Leidenschaft, ist im Endeffekt dann doch leicht gefallen“, meint Tedesco, der mit Freundin und Musikpädagogin Carmela in Stuttgart wohnt.

Trapattoni war der erste „Tedesco“ beim VfB

Geboren wurde Tedesco in Rossano (Kalabrien) im Süden von Italien. Schon im Alter von zwei Jahren kam er mit seinen Eltern nach Deutschland, beherrscht die deutsche und italienische Sprache fließend. Kurios: Der Nachwuchstrainer ist nicht der erste „Tedesco“ bei den Schwaben. Denn in der Saison 2005/2006 war Giovanni Trapattoni Cheftrainer beim VfB. Der heute 74-Jährige wird wegen seiner früher blonden Haare und seiner nüchternen Taktik in Italien auch „Il Tedesco“ genannt, was übersetzt „Der Deutsche“ heißt.

Was aber ist bei Domenico Tedesco typisch deutsch und typisch italienisch? „Ich versuche schon, meinen Mannschaften die ‚deutschen Tugenden‘ wie Kampf, Willen und Leidenschaft mit auf den Weg zu geben. Italienisch an mir ist vielleicht meine Gelassenheit, die ich mir trotz der Schnelllebigkeit des Geschäftes gerne auch noch länger bewahren möchte“, erklärt der neue Stuttgarter U 17-Trainer.

„Spieler voller Ehrgeiz und Lernbereitschaft“

Spielt seine Mannschaft weiter wie bisher, dann dürfte ihm das nicht sonderlich schwer fallen. Der Blick des frisch gebackenen U 17-Trainers richtet sich aber trotz der Spitzenposition nicht so sehr auf die Tabelle. „Für die Spieler ist das nicht unwichtig, für mich – gerade zu dieser frühen Phase der Saison – aber noch nicht so aussagekräftig“, so Domenico Tedesco. „Wir sind mit elf Punkten aus fünf Spielen gut gestartet. Entscheidend ist nun, dass wir weiter an uns arbeiten. Ich möchte, dass meine Spieler in jeder Begegnung an ihre Grenzen gehen. Wir wollen Woche für Woche unser Spiel durchziehen. Auf dem hohen Niveau in der B-Junioren-Bundesliga entscheiden Kleinigkeiten. Deshalb muss man sich auch am Gegner orientieren und bei der eigenen Philosophie an den entsprechenden Stellschrauben drehen.“

Wichtigstes persönliches Ziel des Deutsch-Italieners ist es, „in die Position des U 17-Trainers vollständig hineinzuwachsen. In den vergangenen Wochen musste ich mich in vielen Bereichen – beruflich wie privat – umstellen. So etwas dauert eine Weile.“

Auf dem Platz freut sich Tedesco über jeden Fortschritt, den die Mannschaft oder einzelne Spieler machen. „Das ist das Schöne an der Nachwuchsarbeit. Man kann das Potenzial aus jungen Spielern herauskitzeln, die voller Ehrgeiz und Lernbereitschaft sind. Man trainiert eine Woche und bekommt bei den Spielen am Wochenenden fast unmittelbar das Feedback“, sagt der Trainer, dessen kurzfristiges Ziel es ist, eine „möglichst erfolgreiche Saison zu spielen. Entscheidende Gradmesser sind dabei die Fortschritte der Spieler im Rahmen ihrer Ausbildung. Sind wir in diesem Bereich gut, stellen sich die Ergebnisse von ganz allein ein.“

 

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