In allen vier Vorläufen geht es am Sonntag jeweils um 20.000 Euro.
Gut gemeint hat es die zuweilen „launische Dame“ Fortuna mit den Vorausfavoriten des Deutschen Traber-Derbys 2020. Wenn die vier Vorläufe an diesem Sonntag (insgesamt 14 Rennen, erster Start um 12.30 Uhr) auf der Trabrennbahn in Berlin-Mariendorf über die Bühne gehen, treffen die vier vom Veranstalter wie gewohnt gesetzten Aspiranten aus der Schar der 2017 geborenen 30 Hengste und vier Wallache – eine Stute wagt sich nicht gegen das starke Geschlecht – durchweg lösbare Aufgaben an und sollten den „Cut“ problemlos schaffen. Der lautet, zu den jeweils besten Drei zu gehören, die 14 Tagen später um die höchste Börse streiten werden, die der hiesige Trabrennsport zu verteilen hat. Das zum 125. Mal ausgefahrene „Blaue Band“, das lediglich 1945 nicht ausgetragen werden konnte, ist dann am Sonntag, 20. September, mit etwa 200.000 Euro garniert, von denen dem Sieger knapp die Hälfte zustehen.
Die vier jeweils mit üppigen 20.000 Euro dotierten Vorläufe als 4., 6., 8. und 10. Rennen bilden den roten Faden, der sich in der Hauptstadt durch das Programm zieht. Wie gemalt sieht Vorlauf 1 für Wild West Diamant mit dem Niederländer Robin Bakker aus, der mit der „2“ eine ideale Startnummer gelost hat. Der Hüne sollte völlig problemlos die Rolle des ewigen Zweiten ablegen, die mit dem ersten Auftritt begann: Vor fast auf den Tag genau einem Jahr unterlag er im Mariendorfer Jugend-Preis Namanga Bo, setzte sich dann die Züchter-Krone („Breeders Crown“) auf und landete bei allen vier Auftritten 2020 auf dem Ehrenplatz. Die Gegner hatten es jeweils in sich: In Jägersro musste er in einem Vorlauf zum Breeders Course nur Önas Prince, in Adbell-Toddington- und Buddenbrock-Rennen jeweils Derby-Favorit Keytothehill vor sich akzeptieren. Eine durchschnittliche Kilometerzeit von 1:11,7 Minuten als Rekord und 31.286 Euro an Gage sind Marken, von denen seine acht Mitstreiter um eine der drei Final-Fahrkarten (noch) weit entfernt sind. Und weil er sicher wie die „Bank von England“ ist, dürfte er gegen King of Steel (1), Berlins Lokalmatador Sir Bourbon (4), Brady (6) und King of Greenwood (7) vor dem ersten „Elfmeter“ des Tages stehen.
Der zweite folgt sogleich im 2. Qualifier. Mit zwei unglaublich souveränen Erfolgen in Adbell-Toddington- und Buddenbrock-Rennen hat sich Keytothehill an die Spitze des Jahrgangs geschossen und greift als 19. Traber in der Historie nach der seit 1922 möglichen dreifachen Krone, die ebenso imaginär wie begehrt ist und deren dritter Zacken eben der Derby-Triumph ist. Der Letzte, dem dieser Dreifach-Wurf gelang, war 2014 der von Arnold Mollema (Wolvega/NL) vorbereitete und gesteuerte Expo Express. Fahrerisch hat sich der 72-jährige Friese vor einiger Zeit zur Ruhe gesetzt, als Trainer ist er nach wie vor „up to date“ und vertraut sein neues Schmuckstück erneut „Altmeister“ Heinz Wewering (Foto/Berlin) für den nach seinem Herzinfarkt rekonvaleszenten Roland Hülskath (Krefeld) an. Einen besseren Ersatzmann als den Doppel-Weltmeister und fast 17.000 Siege schweren Münsterländer hätte er schwerlich finden können, der mit dem Quite-Easy-Sohn aus niederländisch-bayerischem Besitz der Konkurrenz im Buddenbrock-Rennen Saures gegeben hat. Startplatz „6“ sollte die Jäger der Prämienausspielung nicht daran hindern, das Gespann zu wetten.
Mehr als null Prozent Rendite auf eine Siegwette wird’s kaum geben – aber eben Prämienlose, die enorm wertvoll werden können: Als erster Preis winkt ein Kleinwagen. Heißester Berliner Derby-Kandidat ist Global Lover (4), der mit zwei Siegen in Schweden für enorme Furore gesorgt hat. Danach war zweimal erheblicher Sand im Getriebe, doch ist Thorsten Tietz ein Meister seines Fachs, der für den Fuchs den nötigen Schmierstoff gefunden haben wird. Haarig wird’s für den Endlauf dennoch, denn Venture Capital (2), der Buddenbrock-Dritte Gold Cap BR (3) sowie Kenzo Flevo aus dem erfolgverwöhnten Quartier Engwerda/Ebbinge befinden sich auf steil ansteigendem Ast.
Waren drei Gesetzte unstrittig, so schwankte das Expertenteam bei Nummer vier zwischen Jonny Hill (2) und Hidalgo Heldia (4). Die Losfee führte den Dritten des Adbell-Toddington-Rennens und den nach vier Starts in Schweden mit weißer Weste erstmals in Deutschland vorstellig werdenden, mittlerweile verkauften Schützling Patricia van der Meers in Vorlauf 3 zusammen, so dass das „Ranking“ letztlich egal war. Für Hidalgo Heldia wurde Pietro Gubellini verpflichtet, der sich in seiner italienischen Heimat in allen bedeutenden Siegerlisten verewigt hat und europaweites Ansehen genießt. Gegen den Raja-Mirchi-Sohn spricht vielleicht eine dreimonatige Startpause. Vom Rest kommt jeder fürs dritte Endlaufbillet in Frage.
Das Gütesiegel, die meisten Daumen von allen 34 Aspiranten gedrückt zu bekommen, dürfte Robustus Ferro (9) zuteil werden. Er ist das Kind der „TraberParti“, die nach dem Vorbild der schwedischen Travkompaniet 2017 ins Leben gerufen worden ist, um vielen Traberfreunden für kleines Geld einen Schnupperkurs als Besitzer zu ermöglichen. Gäbe es den „Tipp des längsten Außenseiters“, so gebührte er diesem von Victor Gentz bei Berlin trainierten Hengst, der keinen seiner drei Starts in der vorgeschrieben Gangart beendet hat und somit ohne einen Euro Einkommen dasteht. Der daraus resultierende Startplatz „9“ passt dem hitzigen Burschen sogar ins Kalkül, der sich zu Beginn im allgemeinen Getümmel noch nie wohl gefühlt hat – und „Wunder gibt es immer wieder“, wie die Berlinerin Katja Ebstein schon 1970 erkannt hat. Gesetzt wurde Straight Flush (3) dank seines lockeren Erfolgs im Auktionsrennen der Dreijährigen. Bei fünf Starts erst einmal bezwungen, dürfte der erst in dieser Saison ins Renngeschehen eingestiegene Pastor-Stephen-Sohn bei der Pflicht vor der Derby-Kür wenig anbrennen lassen, obwohl ihm mit Toto Barosso (2), Body n Soul (5) und Bajaro BR (7) mehrfach siegerprobte Konkurrenz ins Haus steht.