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Ex-Duisburger Michael Tarnat: „Alles ist gläsern geworden“

Früherer Nationalspieler leitet Nachwuchsabteilung von Hannover 96.

Seit Beginn dieser Saison leitet der frühere Nationalspieler Michael Tarnat die Nachwuchsabteilung des Bundesligisten Hannover 96. Bei den Niedersachsen hatte der einstige Linksverteidiger im Jahr 2009 – im hohen Fußballeralter von fast 40 Jahren – seine erfolgreiche Profilaufbahn (unter anderem Champions-League-Triumph 2001 sowie vier Deutsche Meisterschaften und drei DFB-Pokalsiege mit dem FC Bayern München) auch beendet.

Jetzt will der 48-Jährige für 96 Talente entdecken, fordern und fördern. Im aktuellen DFB.de-Interview spricht Michael Tarnat, der während seiner Karriere auch beim MSV Duisburg unter Vertrag stand, mit MSPW-Redaktionsleiter Ralf Debat über seinen Sohn Niklas, der vor wenigen Wochen vom FCB zu 96 gewechselt ist, die Belastung durch den bekannten Familiennamen und die neue Spielphilosophie beim Hannoveraner Nachwuchs.

DFB.de: Ihr 19-jähriger Sohn Niklas hat gerade sein Debüt für Hannovers U 23 in der Regionalliga Nord gegeben. Wie sehr haben Sie sich über seinen gelungenen Einstand und sein Tor beim 2:1 gegen den FC Eintracht Norderstedt gefreut, Herr Tarnat?
Michael Tarnat:
Als Verantwortlicher von Hannover 96 und als Papa schlugen zwei Herzen in meiner Brust. Dass Niklas bei seinem Debüt gleich einen guten Eindruck hinterlassen hat, war für uns alle sehr erfreulich. Er ist nicht gerade ein klassischer Torjäger, sondern eher ein Vorbereiter, und soll im Mittelfeld die Fäden ziehen. Von daher war ich schon sehr froh, dass er auch mal aufs Tor geschossen und sogar getroffen hat. (lacht)

DFB.de: Niklas hat in fast neun Jahren nahezu sämtliche Nachwuchsteams beim FC Bayern durchlaufen. Warum haben Sie ihn nach Hannover geholt?
Tarnat:
Er hatte zuvor ein Gespräch mit Bayern Münchens U 23-Trainer Tim Walter geführt, der ihm signalisierte, dass seine Einsatzzeiten – zumindest in nächster Zeit – wohl nicht besser werden, weil andere Spieler aus seiner Sicht die Nase vorn haben. Das ist völlig legitim. Ein junges Talent muss allerdings spielen, um sich weiterzuentwickeln. Da wir in Hannover gerade auf Niklas‘ Position im defensiven Mittelfeld Bedarf hatten, sind wir in die Gespräche eingestiegen. An dieser Stelle möchte ich mich auch noch mal bei Bayern Münchens Nachwuchsleiter Jochen Sauer bedanken, dass er die Freigabe erteilt hat.

DFB.de: Hat es nicht ein junger Spieler in dem Verein, bei dem auch sein Vater arbeitet, besonders schwer?
Tarnat:
Das will ich nicht abstreiten. Niklas kennt das aber schon aus seiner ersten Zeit in Hannover und zuletzt beim FC Bayern, für den ich selbst ja noch bis 2016 tätig war. Um ihn nicht mit Erwartungen zu überfrachten, weil sein Vater ein recht erfolgreicher Fußballer war, hat er auch viele Jahre als Niklas Lohmann, dem Mädchennamen meiner Frau, gespielt. Als er 18 Jahre alt war, hat er sich jedoch selbst entschieden, den Nachnamen Tarnat zu führen. Keine Frage: Leichter ist es für ihn deshalb nicht.

DFB.de: Trauen Sie ihm ebenfalls den Sprung in den Profifußball zu?
Tarnat:
Bei seinem Wechsel nach Hannover stand ganz sicher nicht die Familienzusammenführung im Vordergrund. Wenn ich nicht von seinen Fähigkeiten überzeugt wäre und er schon einiges für eine mögliche Profikarriere mitbringen würde, dann hätten wir ihn nicht verpflichtet. Niklas ist ein Junge, der ein Spiel lenken und eine Mannschaft führen kann. Eine Sonderrolle spielt er bei uns deshalb aber ganz bestimmt nicht. Wie bei jedem anderen Talent liegt es jetzt in erster Linie an ihm selbst. Ich sage immer: Ambitionierter Nachwuchsfußball ist kein Hobby, sondern harte Arbeit. Nur wer alles dafür tut, um sich möglichst jeden Tag zu verbessern, kann es schaffen.

DFB.de: Sie selbst haben während Ihrer 19-jährigen Profikarriere für vergleichsweise wenige Vereine gespielt, waren bis auf die Station bei Manchester City immer zwischen drei und sechs Jahren bei einem Klub, ob nun in Duisburg, Karlsruhe, beim FC Bayern oder zuletzt auch in Hannover. Liegt das an Ihrer Bodenständigkeit?
Tarnat:
Mir war immer wichtig, dass ich mich wohlfühle. Das war bei allen Stationen der Fall. Deshalb habe ich beispielsweise auch die komplette Jugend und auch noch die erste Seniorensaison mit meinen Freunden bei unserem Heimatklub SV Hilden-Nord verbracht, statt zu einem größeren Verein zu wechseln. Da spielt sicher auch meine Erziehung eine Rolle. Übrigens wäre ich auch gerne länger als nur ein Jahr in England geblieben. Damals drohte ManCity jedoch der Abstieg, die Zukunft war ungewiss. Deshalb wollte ich eigentlich sogar ganz aufhören. Als mich dann jedoch Ewald Lienen, mit dem ich fast 15 Jahre zuvor beim MSV Duisburg noch zusammengespielt hatte, als damaliger Trainer von Hannover 96 ansprach, ob ich nicht doch weitermachen möchte, habe ich spontan zugesagt. So kamen dann noch einmal fünf Jahre als Profi dazu.

DFB.de: In Hilden spielten Sie noch mit 20 Jahren in der Bezirksliga, schafften dann in Duisburg direkt den Sprung in die Bundesliga und wurden später Nationalspieler. Ist eine solche Karriere, wie sie anschließend auch Weltmeister Miroslav Klose gelang, heute überhaupt noch vorstellbar?
Tarnat:
Um ehrlich zu sein: kaum. Durch das stark verbesserte Scouting und die herausragende Arbeit in den Leistungszentren der Profivereine sind nahezu alle Talente spätestens mit 14 oder 15 Jahren auf dem Schirm. Alles ist gläsern geworden, die Leistungszentren konkurrieren noch stärker um die besten Talente.

Das komplette Interview lesen Sie auf DFB.de.

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